ALLRIS - Vorlage

BESCHLUSSVORLAGE - GB II/751/2010

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

I. Sachvortrag:

So wie es die Stadt München bereits seit längerer Zeit erfolgreich praktiziert, sollen auch bei der Stadt Garching Planungsbegünstigte, i.d.R. die Eigentümer/innen der zu überplanenden Grundstücke, an den von einem Planungsvorhaben ausgelösten Kosten und Lasten beteiligt und Infrastrukturelle Folgekosten erhoben werden. 

Ausgangsüberlegung zur Ermittlung der Infrastrukturellen Folgelasten war, dass die Schaffung von Baurechten in der Regel mit Kosten und Lasten, wie zum Beispiel für die Erschließung der künftigen Wohn- und Gewerbegebiete, für soziale und technische Infrastruktur oder für den naturschutzrechtlichen Ausgleich, verbunden ist. Gleichzeitig hat die Überplanung von Flächen durch die öffentliche Hand zur Schaffung von Baurechten in der Regel eine erhebliche Bodenwertsteigerung dieser Flächen zur Folge. Die Bodenwertsteigerung errechnet sich aus der Differenz des Grundstückswerts vor der Überplanung und des Grundstückwerts nach der Überplanung. Bei Bauerwartungsland kann diese Bodenwertsteigerung sehr hoch sein, weil der Anfangswert der Grundstücke vor Überplanung in der Regel relativ niedrig ist und durch die Überplanung in der Regel stark steigt.

Von dieser Bodenwertsteigerung profitieren die Investoren, denen die zu überplanenden Grundstücke gehören.

Im Rahmen der Ermittlung Infrastruktureller Folgelasten (InFol) sollen die Kosten und Lasten nicht mehr überwiegend von der Allgemeinheit getragen werden, sondern auch denjenigen zugerechnet werden, die die Vorteile, nämlich die Bodenwertsteigerung, aus den Planungen der öffentlichen Hand ziehen.

Die Zulässigkeit von Folgekostenverträgen wird in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB geregelt. Hiernach können Kosten und sonstige Aufwendungen für städtebauliche Maßnahmen, die der Stadt entstehen oder bereits entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, durch einen Investor übernommen werden.

Gegenwärtig werden die Planungsbegünstigten über städtebauliche Verträge an den Kosten für die Herstellung der öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Kinderspielplätze sowie an den Erschließungskosten und Kosten für Ausgleichsflächen und deren Pflege beteiligt.

 

Zwischen Herbst 2006 und Frühjahr 2008 erarbeitete Herr Rüdt mit der Rechtsanwaltskanzlei (zunächst mit Gassner, Stockmann und Kollegen) Meidert & Kollegen in enger Zusammenarbeit mit der Verwaltung ein Konzept für die Erhebung infrastruktureller Folgelasten, das sowohl die Gesamtentwicklung als auch die Einzelfallbetrachtung eines Baugebietes berücksichtigt. Dieses Konzept wurde zwischenzeitlich kontinuierlich weiterentwickelt.

 

In diesem Modell wurde zunächst die Beteiligung an den Kosten für Kinderkrippen-, Kindergarten-, Kinderhort- und Grundschulplätzen sowie an Plätzen in weiterführenden Schulen vorgesehen. Dies war Gegenstand des im Jahre 2009 dem Stadtrat vorgestellten Modelles.

 

Gegenüber dem damaligen Modell wurden nunmehr auch die Kosten für den Grunderwerb der sozialen Infrastruktureinrichtungen einbezogen. Darüber hinaus werden derzeit anteilig die Kosten für einen Stadtpark, für die Friedhofserweiterung, für eine weitere Dreifachturnhalle in der Kommunikationszone und für zusätzliche Sportplätze einbezogen. Ggf. kommen später weitere Infrastruktureinrichtungen hinzu, wenn sich diese als umlagefähig darstellen sollten.

 

Verrechnet werden die Lasten, die voraussichtlich bis zum Jahr 2020 durch den im Stadtentwicklungskonzept vorgesehenen Einwohnerzuwachs von ca. 5.500 Einwohnern auf ca. 21 500 Einwohner entstehen werden. Planungshorizont ist das Jahr 2020, Grundlage ist das Stadtentwicklungskonzept, das vom Stadtrat am 28.09.2006 beschlossen wurde und die Flächennutzungsplanneuaufstellung, deren Aufstellungsbeschluss der Stadtrat ebenfalls am 28.09.2006 fasste. Im Rahmen der Flächennutzungsplanneuaufstellung wurde bereits die frühzeitige Bürgerbeteiligung sowie die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchgeführt, eine Würdigung der vorgebrachten Stellungnahmen erfolgte bisher nicht, da verschiedene Themenbereiche (z.B. Gewässerpflegeentwicklungsplan, Klimaschutzkonzept, Geh- und Fahrradwegekonzept) im weiteren Verfahren zu integrieren sind. Derzeit sollen noch die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt abgewartet werden, bevor das Verfahren weitergeführt wird.

 

Der Gedankengang für die Berechnung der infrastrukturellen Folgelasten ist folgender:

Unter den 5.500 erwarteten neuen Einwohnern sind z.B. 200 Kinder im Kindergartenaltern. Für diese Kinder müssen Kindergartenplätze zur Verfügung gestellt werden, wodurch x € Kosten für die Herstellung eben dieser Kindergartenplätze entstehen.  Ähnliche Berechnungen erfolgen mit den Kosten für Krippenplätze, Kinderhort- und Grundschulplätzen.  Hinzu kommen die Kosten für den Grunderwerb der jeweiligen Bauflächen. Die Gesamtkosten hierfür von derzeit 17.896.676 € ( 14.692.676 €r die Herstellung, 3.204.000 €r den Grunderwerb) werden auf die einzelnen neuen Baufelder entsprechend der in diesem Baufeld entstehenden Geschossfläche verteilt und von den Planungsbegünstigten durch städtebauliche Verträge bzw. Nachfolgelastenvereinbarungen eingefordert. Durch die nach dem Stadtentwicklungskonzept und durch die  Flächennutzungsplanneuaufstellung ausgewiesenen neuen Baugebiete entsteht eine Geschossfläche von insgesamt 324 633 m², d. h. es entstehen Kosten in Höhe von derzeit 55,13 € je m² Geschossfläche. Diese 55,13 € sollen als Pauschalbetrag pro m² errichtete Geschossfläche erhoben werden.

 

Die Planungsbegünstigten/ Investoren haben damit einen anteiligen Finanzierungsbeitrag von 55,13 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche neu geschaffenen Wohnbaurechts geleistet. Die Planungsbegünstigten brauchen sich dann an den ursächlichen ausgelösten Infrastrukturkosten nicht mehr weiter zu beteiligen. Der nicht gedeckte Teil der Herstellungskosten wird komplementär aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Stadt finanziert.

Das Verfahren zur Berechnung dieser Infrastrukturellen Folgelasten wurde bereits in der Stadtratssitzung am 15.12.2009 vorgestellt und vom Stadtrat im Grundsatz so beschlossen (vgl. II-BV/606/2009). Die Berechnungsgrundlage war dort ebenfalls als Anlage beigefügt.

 

Die Kosten für die Friedhofserweiterung, für eine weitere Dreifachturnhalle in der Kommunikationszone und zusätzliche Sportplätze, für einen Stadtpark und eventuell sonstige Einrichtungen sind „Sonstige Folgelasten“. Diese Kosten waren bereits in dem, dem Stadtrat vorgestellten Konzept als sonstige Kosten enthalten, wurden aber nicht in die Berechnung mit einbezogen.

 

Im Rahmen der Überarbeitung der Folgelastenberechnung werden diese Kosten nunmehr ebenfalls einbezogen. Diese Kosten sind zum Teil durch die Schaffung neuer Baugebiete entstanden, zum Teil sind die Kosten aber auch bereits durch die vorhandenden Wohngebiete verursacht. Die entstehenden und entstandenen Kosten sollen deshalb nach Einwohnerzahl ermittelt, nach Geschossfläche umgelegt und als Pauschalbetrag erhoben werden. Es wird geprüft, ob die Kosten alleine durch das neue Baugebiet verursacht sind, oder wie z. B. beim Stadtpark durch alle Einwohner von Garching. Entsprechend werden die Kosten umgelegt. Die Kosten können so zugeordnet werden, wie sie tatsächlich auf einem Gebiet auch kausal zuzuordnen sind. Als Gebiet kann sowohl ein einzelnes Baufeld (eigener Bebauungsplan), mehrere Bebauungspläne, ein gesamtes Neubaugebiet oder auch das gesamte Stadtgebiet z. B. für Maßnahmen, die heute bereits erforderlich sind und durch die neue Entwicklung erst recht verursacht werden, in Betracht kommen.

Insgesamt hat die Stadt Garching 2020 nach Stadtentwicklungskonzept und Flächennutzungsplanneuaufstellungsentwurf ca. 21 500 Einwohner (100 %), Stand März 2008 ca. 16 000 Einwohner (74 %), sodass durch die neu ausgewiesenen Baugebiete mit 5 500 Einwohnern einem Einwohnerzuwachs von 26 % entsprechen.

 

Derzeit sind nur die Kosten für die Schaffung des Stadtparks auch bereits von den vorhandenen Baugebieten mit verursacht. Alle übrigen Maßnahmen (Friedhofserweiterung, Dreifachturnhalle ….) werden nur durch die neuen Baugebiete erforderlich.

 

Die geschätzten Kostenr die Errichtung des Stadtparks belaufen sich derzeit auf ca. 3.103.416 €. Damit sind 794.748 (= 26 %) durch die neu ausgewiesenen Baugebiete und 2.308.668 € durch die bereits bestehenden Baugebiete bzw. deren Einwohner verursacht. Die ursächlichen Kosten, die nur durch die neuausgewiesenen Baugebiete entstehen, belaufen sich derzeit auf 8.008.250. Die Gesamtkosten „Folgekosten Sonstige“ belaufen sich derzeit auf 8.802.998, was bei einer neu entstehenden Gesamtgeschossfläche von 324.633 m² Geschossfläche zu einer Pauschale für sonstige Kosten i. H. v. 27,12 / m² Geschossfläche  führt.

 

Insgesamt sollen infrastrukturelle Folgelasten in Höhe von 82,25 pro Quadratmeter Geschossfläche neu geschaffenen Wohnbaurechts bei der Stadt Garching erhoben werden.

 

Grundsätzlich gilt, dass nur die (Wieder-)Herstellungskosten (Neubau/ Sanierung/ Modernisierung) bzw. Kosten für Baumaßnahmen und nicht die laufenden Unterhaltskosten von Einrichtungen übertragen werden können. Angerechnet werden können auch nur die Kosten, die belegbar durch die hinzukommenden Einwohner ausgelöst werden. Die Kosten werden mit jedem Bebauungsplan (Städtebaulichen Vertrag) aktualisiert und nach Bedarf angepasst.

 

Die Stadt Garching nimmt zudem Grundstücksflächen für die Integration von Gemeinbedarfsflächen (Schule, KiGa, KiTa, etc.) in Anspruch. Dies bedeutet, dass sie von einem betroffenen Eigentümer diese Grundstücke zu einem niedrigen Wert (derzeit vorgesehen 180 € Einkaufspreis durch die Stadt Garching) erwirbt, sodass dadurch eine Wertminderung für den betroffenen Grundstückseigentümer von 420 € entsteht, wenn man den Bodenrichtwert von 600 € zugrunde legt. Um alle Baufelder gleich zu behandeln, wird überlegt diese Wertminderung als Ausgleichszahlung (betroffener Eigentümer nimmt ein, Andere zahlen aus) zu verrechnen. Bei entstehenden Infrastrukturflächen von ca. 17.800 m² entsteht eine Wertminderung von 7.476.000 €. Dieses Vorgehen ist im Gegensatz zu der Erhebung der tatsächlich entstehenden Kosten noch nicht von der Rechtsprechung geklärt. Seitens der Rechtsberatung wird daher empfohlen diesen Ansatz nicht weiter zu verfolgen, da es sich bei diesen Kosten um keine tatsächlich der Stadt entstehenden Kosten handelt, sondern fiktive Kosten sind, die eher dem Gedanken der sozialen Lastenverteilung entspringen.

 

Insgesamt wird darauf geachtet, dass die Belastungen der Investoren das Maß der Angemessenheit nicht überschreiten. Sie sollen aus einem festgeschriebenen Teil der durch die Planung erzielten Wertsteigerung ihrer Grundstücke, die Kosten und Lasten übernehmen.

Grundsätzlich soll mindestens ein Drittel der durch die Überplanung erzielten Bodenwertsteigerung bei den Planungsbegünstigten verbleiben. Die Grundstückseigentümer sind an den Kosten und Lasten der Planung also nur bis zu zwei Drittel der Bodenwertsteigerung beteiligt. Liegen die Lasten unterhalb der zwei Drittel-Grenze, so erhöht sich der verbleibende planungsbedingte Wertzuwachs der Investoren entsprechend. Derzeit liegt der Wertzuwachs bei 65,44 %.

 

Das Verfahren zur Ermittlung Infrastruktureller Folgelasten (InFol) kommt nicht nur bei privaten Investoren zur Anwendung, die Stadt wird mit ihrem Grundbesitz wie alle anderen Eigentümer behandelt, ebenso der Freistaat und alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften.

 

Voraussetzung für die Anwendung der InFol ist, dass ein Grundstück durch einen neuen Bebauungsplan eine nicht unerhebliche Bodensteigerung erfährt und eine Wohnnutzung ermöglicht wird.

 

Die Ermittlung Infrastruktureller Folgelasten (InFol) greift immer nur dann, wenn ein Bebauungsplanverfahren durch die Stadt Garching initiiert wird. Die Stadt führt das Verfahren nur durch, wenn zuvor eine Vereinbarung mit dem Planungsbegünstigten (in der Regel Grundstückseigentümer, Vorhabenträger, Investor) sowohl zur Übernahme der ursächlichen Kosten wie auch der Einrichtung von sozialer Infrastruktur (zum Beispiel Kindergärten, Schulen etc.) abgeschlossen wurde.

Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, die angespannte Haushaltslage der Stadt, die die im Rahmen der Baurechtsschaffung entstehenden Kosten nicht mehr vollständig tragen kann.

 

Herr dt und Herr Reitberger werden das Konzept in der Sitzung nochmals vorstellen. Die Modellrechnung zur Ermittlung struktureller Folgelasten ist als Anlage 1 beigefügt. Die der Modellrechnung zugrundeliegenden Kosten sind in der Anlage 2 dargestellt.

 

 

 

Reduzieren

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss beschließt, dem Stadtrat zu empfehlen, das Gesamtkonzept über die Erhebung von Infrastrukturellen Folgekosten zur Kenntnis zu nehmen und die Erhebung der infrastrukturellen Folgekosten entsprechend des vorstehenden Sachvortrages zu beschließen.

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...