BESCHLUSSVORLAGE - GBIII/0027/2024
Grunddaten
- Betreff:
-
Hebesatzsatzung der Stadt Garching
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- BESCHLUSSVORLAGE
- Geschäftsbereich:
- GB III Finanzverwaltung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Stadtrat
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Entscheidung
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12.12.2024
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I. SACHVORTRAG:
1. Hintergrund: Die Grundsteuerreform in Bayern
Mit der Grundsteuerreform, die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tritt, wird die bisherige Berechnungsmethode der Grundsteuer grundlegend überarbeitet. Ziel der Reform ist es, die Grundsteuer nach einem bundesweit einheitlichen Rahmen zu erheben, wobei den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wurde, eigene Regelungen (sog. Öffnungsklausel) zu treffen. Bayern hat hiervon Gebrauch gemacht und das bayerische Flächen-Lage-Modell eingeführt.
1.1 Die bisherigen Regelungen
Die Grundsteuer wurde bisher auf Basis der Einheitswerte berechnet, die letztmalig 1964 für Westdeutschland und 1935 für Ostdeutschland festgelegt wurden. Diese Werte spiegelten die aktuelle Wertentwicklung von Grundstücken und Gebäuden nicht mehr wider, was wiederholt vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde.
1.2 Das bayerische Flächen-Lage-Modell
Das Flächen-Lage-Modell basiert auf der Fläche des Grundstücks, der Gebäudefläche sowie einem Lagefaktor. Dieser Lagefaktor wird anhand von Daten wie Bodenrichtwerten und Infrastrukturangeboten berechnet. Durch diese Methode wird das komplexe und intransparent gewordene Bewertungssystem der Einheitswerte abgelöst.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern berücksichtigt Bayern bewusst keine individuellen Grundstückswerte, um eine einfache und verwaltungsfreundliche Umsetzung zu ermöglichen. Ziel ist es, soziale Härten zu vermeiden und die finanzielle Belastung der Bürger nachvollziehbarer zu gestalten.
2. Empfehlungen des Bayerischen Städtetags
Der Bayerische Städtetag empfiehlt in seiner Handreichung von Juni 2024 folgende Maßnahmen zur Hebesatzfestlegung:
- Orientierung an den von dem Landesamt für Statistik bereitgestellten aufkommensneutralen Hebesatzprognosen.
- Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen und Risikopuffern, da viele Datensätze aus den Finanzämtern noch nicht plausibilisiert sind.
- Vorsichtiger Umgang mit Forderungen einzelner Interessengruppen, wie dem Bayerischen Bauernverband, der eine deutliche Senkung der Grundsteuer A fordert.
3. Stellungnahme des Bayerischen Bauernverbands
Der Bayerische Bauernverband (BBV) hat in seiner Pressemitteilung vom 4. Oktober 2024 sowie einem Schreiben an die Kommunen die folgenden zentralen Punkte zur Grundsteuerreform und der Festlegung der neuen Hebesätze betont:
3.1. Geänderte Besteuerung landwirtschaftlicher Wohnhäuser
Im Rahmen der Reform werden die Wohnteile land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nicht mehr der Grundsteuer A (landwirtschaftliches Vermögen), sondern der Grundsteuer B (Grundvermögen) zugeordnet. Dadurch ergibt sich für landwirtschaftliche Betriebe eine potenzielle Mehrbelastung, da sie zusätzlich zur Grundsteuer für den Betrieb (Grundsteuer A) auch die Grundsteuer für die Wohnhäuser (Grundsteuer B) zahlen müssen.
3.2. Forderung zur Anpassung der Hebesätze
Der BBV fordert, dass die neuen Hebesätze die Änderungen bei der Berechnungsgrundlage berücksichtigen. Konkret schlägt der Verband vor:
- Das bisherige Grundsteuermessbetragsvolumen der Grundsteuer A muss um das Volumen verringert werden, das bisher auf die Wohnteile entfiel.
- Im Gegenzug soll das Grundsteuermessbetragsvolumen der Grundsteuer B um diesen Wert erhöht werden, um die neue Zuordnung zu berücksichtigen.
3.3. Kritik an bisherigen Entscheidungen der Kommunen
Der BBV hat Rückmeldungen erhalten, dass viele Kommunen die Hebesätze der Grundsteuer A erhöhen, um das bisherige Steueraufkommen zu sichern, ohne die veränderte Zuordnung der Wohngebäude zu berücksichtigen. Dies führe zu einer Doppelbelastung für Bauernfamilien, da sie neben der höheren Grundsteuer A für ihre Betriebe auch die Grundsteuer B für ihre Wohnhäuser zahlen müssten.
3.4. Appell an die Kommunen
Der BBV fordert die Kommunen auf, bei der Festlegung der Hebesätze die neuen Rahmenbedingungen zu beachten und eine faire Lastenverteilung sicherzustellen. Es wird betont, dass eine gerechte Anpassung der Hebesätze entscheidend ist, um die Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe nicht unverhältnismäßig zu erhöhen.
4. Auswirkungen auf die Stadt Garching
Die Grundsteuer ist eine bedeutende Einnahmequelle für Kommunen. Um Einnahmeverluste oder unverhältnismäßige Mehrbelastungen für die Bürger zu vermeiden, wurde die Reform so gestaltet, dass sie aufkommensneutral umgesetzt werden soll. Dies bedeutet, dass die Kommunen ihre bisherigen Einnahmen durch die Anpassung der Hebesätze sichern können.
5. Anpassung der Hebesätze
5.1 Grundsteuer A: Landwirtschaftliche Flächen
Der Bayerische Bauernverband hat empfohlen, die Grundsteuer A erheblich zu senken, da landwirtschaftliche Flächen durch das Flächen-Lage-Modell stärker belastet werden könnten. Diese Empfehlung wurde geprüft, aber für die Stadt Garching als nicht zielführend eingestuft, da die Einnahmen aus der Grundsteuer A im Vergleich zur Grundsteuer B unerheblich sind.
Jedoch verweist die Stadt Garching auf Art. 4 Abs. 2 Bayerisches Grundsteuergesetz, wonach landwirtschaftliche Wohngebäude auf Antrag in der Steuererklärung eine Ermäßigung der Grundsteuermessazahl um 25 % erhalten. Um die besondere Lage zu berücksichtigen empfiehlt die Verwaltung eine zusätzliche Entlastung im Rahmen der Grundsteuer A um 10 Prozentpunkte auf einen Hebesatz von 260% zu senken.
Die Verwaltung schlägt eine moderate Absenkung des Hebesatzes für die Grundsteuer A von 310 % auf 260 % vor. Diese Anpassung orientiert sich an der Empfehlung des Bayerischen Städtetages, der eine solche Absenkung als angemessen und aufkommensneutral einstuft.
3.2 Grundsteuer B: Bebaute und bebaubare Grundstücke
Die Grundsteuer B betrifft überwiegend Wohn- und Gewerbeimmobilien und stellt die Hauptquelle der Grundsteuereinnahmen dar. Um die Einnahmen der Stadt zu stabilisieren und die Reform aufkommensneutral umzusetzen, wird eine Anhebung des Hebesatzes von 310 % auf 325 % vorgeschlagen.
4. Vorgehen bei der Ermittlung
Bei der Ermittlung der neuen Hebesätze wurden zunächst die neuen Grundsteuermessbeträge über die zugehörige Steuernummer ausgelesen und ggf. der entsprechenden Grundsteuerart zugewiesen. Diesen wurde dann im zweiten Schritt die alten Grundsteuermessbeträge zugeordnet. So wird sichergestellt, dass nur Änderungen berücksichtigt werden, für die auch Werte vorliegen.
Aus der Summe der alten Grundsteuermessbeträge wurde dann mit dem aktuellen Hebesatz von 310% die Grundsteuer jeweils gesamt und nach Grundsteuerart ermittelt. Diese Grundsteuer wurde dann ins Verhältnis zum den neuen Grundsteuermessbeträgen gesetzt und der neue Hebesatz ermittelt.
Konkret bedeutet dies:
Grundsteuer A Grundsteuer B Mischkalkulation
Messbetrag, alt 6.130,06 1.060.097,97 1.066.328,03
Messbetrag, neu 6.997,02 1.017.749,56 1.024.746,58
Aufkommen 19.003,19 3.286.613,71 3.305.616,89
Hebesatz, neu 271,59 % 322,93 % 322,58 %
5. Einnahmeprognose
Die vorgeschlagene Anpassung der Hebesätze gewährleistet, dass das Gesamtaufkommen der Stadt Garching nahezu stabil bleibt. Dies sichert die kommunalen Haushaltsmittel, ohne die Bürger über Gebühr zu belasten.
6. Ausblick: Zukünftige Entwicklungen und Anpassungsbedarf
Die Grundsteuerreform in Bayern ist eine der umfassendsten Änderungen im kommunalen Steuerwesen der letzten Jahrzehnte. Trotz intensiver Vorbereitungen und der Bereitstellung von Daten durch die Finanzämter ist der aktuelle Umsetzungsstand noch nicht abschließend.
6.1. Unvollständige Datengrundlage
- Viele der von den Finanzämtern übermittelten Steuermessbeträge sind noch nicht plausibilisiert. Es gibt Berichte über fehlerhafte oder unvollständige Datensätze, die in den kommenden Jahren korrigiert werden müssen.
- Nachmeldungen, insbesondere bei Zurechnungsfortschreibungen (z. B. bei Eigentümerwechseln), sowie Berichtigungen durch Steuerpflichtige sind zu erwarten. Dies wird die Steuergrundlage voraussichtlich weiter verändern.
6.2. Ungewissheit über tatsächliches Aufkommen
- Das tatsächliche Steueraufkommen der neuen Grundsteuer wird sich erst nach mehreren Jahren stabilisieren, wenn alle Daten endgültig verarbeitet sind. Bis dahin bleiben Unsicherheiten bestehen, die bei der Festlegung der Hebesätze berücksichtigt werden müssen.
6.3. Dynamik der Hebesatzgestaltung
- Aufgrund der oben genannten Unsicherheiten und möglicher Veränderungen bei den Steuergrundlagen ist davon auszugehen, dass die festgelegten Hebesätze nicht langfristig stabil bleiben können. Anpassungen könnten erforderlich werden, um das angestrebte Ziel der Aufkommensneutralität zu wahren oder auf neue Rahmenbedingungen zu reagieren.
- Auch Entwicklungen wie Veränderungen der finanziellen Gesamtsituation der Stadt Garching oder politische Vorgaben auf Landesebene können zukünftige Anpassungen notwendig machen.
6.4. Plan zur Überprüfung der Hebesätze
- Die Verwaltung wird die Entwicklung der Steuermessbeträge und des tatsächlichen Aufkommens in den nächsten Jahren kontinuierlich beobachten.
- Spätestens nach Vorliegen belastbarer Daten wird eine erneute Prüfung der Hebesätze stattfinden, um sicherzustellen, dass die Steuerlast gerecht verteilt bleibt und die Einnahmen der Stadt langfristig gesichert sind.
Die Stadt Garching wird die Bürger über alle zukünftigen Änderungen transparent informieren und darauf achten, dass die Anpassungen sowohl sachgerecht als auch nachvollziehbar gestaltet werden.
Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung vom 10.12.2024 den Beschluss der Satzung der Stadt Garching b. München über die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze (Grundsteuerhebesatzsatzung) empfohlen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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