ALLRIS - Vorlage

BESCHLUSSVORLAGE - mBüro/272/2013

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Beratungsfolge

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I. Sachvortrag:

 

Herr Stadtrat Norbert Fröhler hat am 18.12.2012 den Antrag

Die PC-Arbeitsplätze der Stadtverwaltung Garching werden auf Linux als Betriebssystem Libreoffice als Office-Anwendung umgestellt.

eingereicht, mit der Bitte diesen dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen.

Der Antrag mit Begründung liegt als Anlage bei.

 

1. Einleitung

Das Thema „Open Source Software (OSS)“, das vor einigen Jahren durch die Entscheidungen verschiedener Städte (München, Wien, Schwäbisch Hall, Mannheim) künftig auf OSS zu setzen, in den Mittelpunkt des Interesses gerückt wurde, hat – auch wenn sich der damit verbundene „Hype“ mittlerweile gelegt hat – nichts von seiner Aktualität verloren. Aus diesem

Grund hat auch die Stadt Garching OSS und die damit verbundenen Projekte regelmäßig beobachtet und deren Entwicklung verfolgt.

 

Als Problematisch beim Umstieg auf OSS haben sich vor allem die zur Aufgabenerledigung in den Fachämtern erforderlichen Fachverfahren herausgestellt. Auch 9 Jahre nach dem Entschluss der Stadt München, LINUX und OSS auf breiter Basis einzusetzen, hat sich das Angebot an entsprechenden Fachverfahren nicht wesentlich verbreitert. So können auch heute noch die Mehrzahl der Fachverfahren lediglich auf der Basis von Windows-Betriebssystemen (z.T. gepaart mit der Notwendigkeit Microsoft Office-Produkte zur Druckaufbereitung oder weiteren Verarbeitung einzusetzen) betrieben werden. In München und Schwäbisch Hall werden z.B. verschiedene Fachverfahren entweder in einer PC-Emulation (z.B. VirtualBox oder VMware) oder als Sitzung in einer Terminalserverumgebung weiter betrieben.


2.  Erfahrungen anderer Städte

 

2.1. Stadt München

 

2004 beschloss die Stadt München auf LINUX und OSS zu migrieren. Anlass war der Zwang, von der schon damals veralteten Windows NT-Umgebung auf ein Nachfolgesystem oder eine andere Plattform zu migrieren. Vorangegangen war eine Studie, bei der verschiedene Lösungswege betrachtet wurden. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass sowohl die Alternativen LINUX/OSS und Microsoft in der Gesamtbetrachtung nahezu gleichauf lagen, wobei aus wirtschaftlicher und technischer Sicht die Alternative Microsoft Vorteile aufwies.

In München waren zum Zeitpunkt der Entscheidung auf der Basis eines dezentralen Betriebs der Informationstechnologie (IT) bei den Basisdiensten wie Dateiablage, Bürokommunikation, etc. im Gegensatz zu Garching, das bereits damals über eine stadtweit einheitliche IT-Umgebung auf Basis der Microsoftprodukte verfügte, keine Microsoftprodukte, sondern unterschiedliche Programme anderer Hersteller im Einsatz. Im Januar 2013 veröffentlichte Microsoft eine von HP erstellte Studie, laut der die Linux-Migration der Stadt München mit 61 Millionen Euro deutlich teurer gewesen sein soll, als die 23 Millionen Euro, die die Stadtverwaltung im November letzten Jahres vorgerechnet hatte.

 

2.2. Stadt Schwäbisch-Hall

Die Stadt Schwäbisch-Hall hat bereits 2002 mit der Migration auf LINUX und OSS begonnen. Derzeit sind nahezu alle Systeme auf LINUX umgestellt.

Auch Schwäbisch-Hall verfügte zum Zeitpunkt des Migrationsbeschlusses über eine im Hinblick auf z.B. die Bürokommunikation nur mittelmäßig ausgebaute IT-Infrastruktur. Die für die Aufgabenerfüllung benötigten Fachverfahren werden derzeit zu einem großen Teil über eigene Terminalserver (Produkt NoMachine) betrieben. Die Fachverfahren des Datenverarbeitungsverbundes Baden-Württemberg (DVV BW), die sogenannten landeseinheitlichen Verfahren, werden in der Regel ebenfalls auf Basis Terminalserver (Produkt Citrix) über das Rechenzentrum des Zweckverbands Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken (KIVBF) bereitgestellt.

 

2.3. Stadt Wien

Wie München hat die Stadt Wien 2004 beschlossen, LINUX/OSS an den Arbeitsplätzen einzusetzen. Das Projekt ist aber weitgehend „stecken geblieben“. So waren bis Ende 2009 nur verhältnismäßig wenige PCs (unter 1.400) auf LINUX umgestellt. Das freie Office-Produkt OpenOffice.org war zwar auf ca. 14.000 PCs installiert, wurde aber auf lediglich 10% dieser

Rechner regelmäßig genutzt.

 

2.4. Stadt Mannheim

Die Stadt Mannheim hat ebenfalls 2004 den Beschluss gefasst, verstärkt auf OSS-Produkte zu setzen. Im Fokus stand hier der Bereich der IT-Basisdienste (Dateiablage, Bürokommunikation, etc.). Das Projekt wurde Ende 2007 abgebrochen und der Wechsel zurück zu Microsoftprodukten vollzogen. Der Grund waren massive technische Probleme, Instabilitäten und

erhebliche Störungen im täglichen Arbeitsablauf, die auch durch hohen internen und externen Personalaufwand (IBM, Oracle) nicht behoben werden konnten.

 

2.5 Deutsches Auswärtiges Amt

Seit 2002 ist es die Strategie des Auswärtigen Amtes, Freie Software zu nutzen. Bis 2007 wurden 230 Auslandsvertretungen mit insgesamt 11.000 Arbeitsplätzen rund um die Welt auf Linux migriert. Jedoch wurde 2011 eine Rückmigration auf Microsoft-Produkte angekündigt, um Kosten einzusparen.


2.6 Freiburg

Der Gemeinderat von Freiburg hatte im Juni 2007 beschlossen, offene Standards und ODF zu verwenden. Daraus folgte der Einsatz von OpenOffice.org als Office-Paket. Die Migration wurde aber nie vollständig vollzogen, was in der Verwaltung zu einem Paralleleinsatz von OpenOffice.org 3.2.1 und Microsoft Office 2000 führte. Ein im Jahr 2012 erstelltes Gutachten, zweifelte an der für die Verwaltung in Freiburg nötigen Weiterentwicklung von Apache OpenOffice in Bezug auf den Dokumentenaustausch und die Schnittstellen zu anderen Anwendungen. Deshalb wurde am 20. November 2012 vom Gemeinderat die Rückmigration aller Arbeitsplätze zu Microsoft Office 2010 beschlossen.

 

 

3.  Situation Garching

Im Server-, Netzwerk- und Datenbankbereich sind LINUX und OSS in Garching bereits seit Jahren gelebte Realität. Heute werden 37 Server unter dem Betriebssystem LINUX betrieben. 

Hauptanwendungsbereiche sind Internet- und Intranet-Technologien, Datenbanksysteme (z.B. MySQL) sowie wesentliche Teile der Sicherheitsinfrastruktur. Ebenfalls laufen die an einigen Arbeitsplätzen aufgestellten Thinclients inzwischen ausschließlich auf Basis von Linux.

OSS ist mittlerweile auf allen städtischen PCs im Einsatz. Zu den eingesetzten Produkten zählen:

-          IrfanView Anzeigen und Bearbeiten von Bildern

-          7zip Komprimieren und Packen von Dateien

-          Gimp Bildbearbeitungsprogramm

Die Auswahl von Programmen erfolgt regelmäßig nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung unter Beachtung folgender Kriterien:

-          Funktionalität

-          Bedienbarkeit

-          Sicherheit

-          Kompatibilität mit notwendigen Schnittstellen und Programmen

-          Verwaltbarkeit.

Die IT-Basisdienste werden bereits seit vielen Jahren stadtweit einheitlich und stabil auf der Basis von Microsoftprodukten wie Windows-Server, Exchange-Server, SQL-Server, etc. bereitgestellt. Alle Benutzerinnen und Benutzer werden zentral über Microsoft Active Directory als universellen Verzeichnisdienst verwaltet.

Durch den Microsoft Rahmenvertrag des Freistaats Bayern und die Lizenzbeschaffungen mit Software-Assurance (Softwarewartungsvertrag welcher alle Upgrades beinhaltet) belaufen sich die Lizenzkosten für einen Standardarbeitsplatz mit Microsoft Windows, Office und allen Zugriffslizenzen (CAL) auf ca. 100 EUR pro Jahr. Hinzukommen Anschaffungskosten für Hardware (PC, Monitor, Maus, Tastatur) in Höhe von ca. 600 EUR.

Gerade im Bereich Bürokommunikation bestehen weitreichende Schnittstellenanforderungen wie z.B. Mobilfunkgeräte (Blackberry), PC-Fax, PC-gestützte Anrufbeantworterfunktion, computerunterstützte Telefonwahl, etc., die ebenfalls seit Jahren etabliert sind und die durch OSS nicht umfänglich unterstützt werden bzw. für die keine OSS zur Verfügung stehen.

Wie bereits erwähnt, ist die Mehrzahl der gegenwärtig bei der Stadt Garching eingesetzten

Fachverfahren nur auf Windows-Betriebssystemen lauffähig.


Zu den eingesetzten Fachanwendungen zählen unter anderem:

-          Allris (Ratsinformationssystem) nur unter Windows lauffähig

-          RIWA (Geo-Informations-System) nur unter Windows lauffähig

-          H+H (Finanzsystem) nur unter Windows lauffähig, benötigt Microsoft Office

-          OK.EWO (Einwohnermeldesystem) nur unter Windows lauffähig, benötigt Microsoft Office

-          OK.OWI (Ordnungswiedrigkeiten) nur unter Windows lauffähig

-          OK.PWS (Personalverwaltung und Abrechnung) nur unter Windows lauffähig

-          Autista (Standesamtswesen) Outgesourct bei AKDB, nur unter Windows lauffähig

-          Prosiris (Friedhofsverwaltung) nur unter Windows lauffähig

-          GEVE (Gewerbeprogramm) nur unter Windows lauffähig

-          AdebisKITA (Kindergartenverwaltung) nur unter Windows lauffähig

-          Zeus (Zeiterfassung) - nur unter Windows lauffähig

-          GebMan (Liegenschaftsverwaltung) Betriebssystemunabhängige Webanwendung

 

Auch bietet der Markt für eventuelle Ersatzprodukte für OSS-Clients gegenwärtig nur wenige bis gar keine ausreichenden Alternativen.

OSS-Produkte als Ersatz für Fachverfahren sind derzeit nicht sichtbar.

 

Diese Situation wird sich nach Einschätzung der Verwaltung auch in den nächsten Jahren nicht wesentlich verändern, da der Markt für verwaltungsspezifische Fachverfahren eher begrenzt ist und sich die – oftmals kleinen Softwareanbieter – auf die Unterstützung des „Marktstandards“ Microsoft beschränken (müssen).

 

Gestützt wird diese Einschätzung dadurch, dass z.B. die DIGANT-Verfahren der Bundesdruckerei (Antragsverfahren für Pässe, Personalausweise und Führerscheine) lediglich in einer auf Windows-Betriebssystemen lauffähigen Version zur Verfügung stehen. Auch die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) die für alle Kommunen in Bayern Hauptlieferant für Fachanwendungen ist, kann derzeit die Mehrzahl der Verfahren nur für Windows-Betriebssysteme bereitstellen.

 

Der von München und Schwäbisch-Hall gewählte Weg, das Problem der Fachverfahren über PC-Virtualisierung oder Terminalserverclients auf LINUX-Rechnern zu lösen, befreit nicht von der Notwendigkeit für diese Systeme Microsoft-Lizenzen zu erwerben und erhöht die Komplexität der Technik.

Deshalb steht nach wie vor im Fokus der Arbeit der Informationstechnik der Stadt Garching das Interesse, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zuverlässige, funktionelle, leistungsfähige und sichere IT-Umgebung unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und der Benutzerakzeptanz zur Bewältigung der zu erledigenden Aufgaben zur Verfügung zu stellen.


4.  Fazit

Die Informationstechnik der Stadt Garching b. München steht der Abkehr von proprietären Softwareanbietern und damit dem Wechsel auf quelloffene Software prinzipiell aufgeschlossen gegenüber.

Eine schlanke und kostengünstige Administration der IT-Umgebung erfordert eine starke Standardisierung der eingesetzten IT-Produkte, da nur durch Standardisierung die für die Systemverwaltung genutzten Werkzeuge effektiv arbeiten können (z.B. Softwareverteilung) und sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der IT das notwendige tiefe Know-How nicht für eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme erarbeiten und präsent halten müssen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich bei einem Amts- bzw. Aufgabenwechsel nicht an neue Werkzeuge gewöhnen müssen.

Eine „Zwei-Produktstrategie“ für PCs würde diesen Zielen entgegenstehen und durch die „Doppelung“ der Infrastruktur erheblichen Mehraufwand nach sich ziehen.

Im Hinblick darauf, dass im Bereich der verwaltungsspezifischen Fachverfahren in absehbarer Zeit keine ausreichenden Alternativen für OSS bzw. auf Basis von OSS zu erwarten sind und Eigenentwicklungen nach dem Vorbild der Landeshauptstadt München aufgrund der Personalkosten für mehrere Anwendungsentwickler nicht möglich sind, ist eine für den stabilen und kostengünstigen Betrieb der Informationstechnik erforderliche flächendeckende Umstellung der PC-Arbeitsplätze auf LINUX/OSS derzeit nicht möglich.

Im Übrigen ist der Einsatz von OSS und LINUX nicht per se mit erheblichen Einspareffekten verbunden, da diese sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängen.

In einem durch eine Vielzahl von Fachverfahren geprägten IT-Umfeld, wie bei uns der Fall, sind keine Einsparungseffekte zu erwarten.

 

Seit einigen Jahren ist die Entwicklung hin zu betriebssystemunabhängigen Webanwendungen zu erkennen welche Hauptsächlich durch die zunehmende Verbreitung von Tabletts und Smartphones mit unterschiedlichsten Betriebssystemen vorangetrieben wird. Auch die Stadt Garching b. München setzt wenn möglich bei Softwareentscheidungen auf diese betriebssystemunabhängigen Lösungen wodurch in Zukunft eventuell ein Umstieg auf Linux möglich wird.

 

Ein Wechsel auf Linux / LibreOffice ist derzeit aus Sicht der Verwaltung aus diesen Gründen nicht zu empfehlen und hat auch bereits in der Vergangenheit bei anderen öffentlichen Einrichtungen zu einer Kehrtwende zurück zu Microsoft Produkten geführt (vgl. Punkt 2).

 

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II. BESCHLUSSANTRAG:

 

Der Stadtrat beschließt derzeit keine Umstellung auf Linux & LibreOffice auf den PCs der Verwaltung durchzuführen.

 

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Anlagen

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