ALLRIS - Vorlage

BESCHLUSSVORLAGE - GB II/376/2018

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

I. Sachvortrag:

 

Die Anträge der Fraktionen Unabhängige Garchinger vom 28.06.2017 bzw. Bündnis90/Die Grünen vom 07.11.2017 wurden vom Stadtrat zur Behandlung in den zuständigen Bau-, Planungs- und Umweltausschuss verwiesen. Die Anträge liegen in Anlage bei.

 

Antrag Bündnis90/Die Grünen:

 

  • Stellungnahme zu Antrag 1:

Bei der Festsetzung von Bezugspunkten handelt es sich um Festsetzungen nach § 18 BauNVO zur Höhe baulicher Anlagen. Hier können die maßgeblichen Bezugspunkte bestimmt werden, wozu auch der EG-Rohfußboden zählt. Dessen Höhe kann zur Bestimmung der Wand- oder Gesamthöhen baulicher Anlagen grundsätzlich festgesetzt werden. Somit dient dieses Festsetzungsinstrumentarium nicht dem barrierefreien Ausbau von Wohnungen, sondern der Bestimmung des Höhenmaßes. Die Festsetzung einer unmittelbaren Barrierefreiheit bezogen auf alle Gebäude im Bereich der Kommunikationszone, über die gesetzlichen Regelungen nach Art. 48 BayBO hinaus (d.h. z.B. auch für Einzelhäuser), ist mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht möglich.

Zu bedenken ist, dass die Festsetzung eines Höhenbezugspunktes nicht automatisch bedeutet, dass der Anschluss an den Straßenraum auch höhengleich ist. Durch die unterschiedlichen Straßenprofile zur Sicherstellung der Entwässerung müsste bei einer Reihenhauszeile sonst für jedes Haus ein eigener Höhenbezugspunkt festgesetzt werden. Die Verwaltung hat mit den Planern und einem Fachbüro ein Konzept zur höhenmäßigen Umsetzung der Staßenplanung erstellt. Hierauf wurden die in den Quartieren festzusetzen Höhenbezugspunkte plausibilisiert. Die auszugsweise Darstellung für das WA11 zeigt, dass vom Höhenbezugspunkt zu den Straßenanschlüssen rund um das Quartier leichte Differenzen bestehen (s. Anlage 2).

In der Kommunikationszone sind einheitliche Höhenbezugspunkte und ein höhengleicher Anschluß der Quartiere an öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt, hierzu nötige Anpassungen im Gelände werden ermöglicht. Zwangspunkte ergeben sich u.U. auch durch die unter vielen Quartieren liegende Tiefgarage, die geforderte Überdeckung oder der TG-Anbindung an die Wohngebäude. Insgesamt ist die Verwaltung der Meinung, dass eine Festsetzung der Höhe des EG-Fußbodens zwar möglich wäre, aber aufgrund der vielfältigen und der derzeit noch nicht genau zu schätzenden Auswirkungen auf die künftige Bebauung nicht empfohlen wird, um keine unnötigen Zwangspunkte zu schaffen. Die Barrierefreiheit kann hierüber ohnehin nicht festgesetzt werden.

 

  • Stellungnahme zu Antrag 2:

Nach § 11 Abs. 1 BauGB können städtebauliche Verträge, u.a. zur Förderung oder Sicherung der mit der Planung verfolgten städtebaulichen Ziele abgeschlossen werden. Voraussetzung ist, dass eine städtebauliche Begründung i.S.d. BauGB zugrunde liegt. Die Regelungen zur Erforderlichkeit von Aufzügen oder barrierefreiem Wohnen ergeben sich jedoch nicht aus dem BauGB, sondern der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Hierbei handelt es sich um Bauordnungsrecht, welches auf die technischen und nicht die städtebaulichen Anforderungen des Gebäudes abstellt. Dementsprechend findet sich in § 9 BauGB keine Ermächtigungsnorm für die Festsetzung derartiger Gebäudebeschaffenheiten.  

Ebenfalls die Regelung nach § 1 Abs. 4 BauNVO kann hierfür keine Rechtsgrundlage bilden. Nach § 1 Abs. 4 BauNVO können im Bebauungsplan Regelungen aufgenommen werden, die das Gebiet nach den besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften der zulässigen baulichen Anlagen gliedern. Dies ist etwa dann der Fall, wenn konkret ein Studentenwohnheim oder ein Seniorenwohnheim errichtet werden soll. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um einzelne besondere bauliche Anlagen, sondern um sämtliche Wohnbauvorhaben innerhalb des Gebietes. Nachdem die Regelung somit generell auf sämtliche Anlagen abzielt, wäre sie im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Kann eine Regelung nach planungsrechtlichen Regeln durch Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht verwirklicht werden, und ist hierfür keine Rechtsgrundlage vorhanden, besteht keine Möglichkeit, dies im städtebaulichen Vertrag zu fordern oder „einvernehmlich i.S. einer weitergehenden Selbstverpflichtung“ vertraglich zu regeln, da die städtebauliche Erforderlichkeit fehlen würde. Eine entsprechende Regelung im städtebaulichen Vertrag wäre unwirksam.

 

  • Stellungnahme zu Antrag 3:

Nach dem Antrag sollen alle Gebäude der Stadt Garching barrierefrei werden. Dies ist eine Entscheidung des Eigentümers, die dieser eigenverantwortlich treffen kann. Somit kann die Stadt Garching über einen entsprechenden Antrag frei entscheiden.

 

Hinweis Verwaltung:Es sollten die verwendeten Begrifflichkeiten geklärt werden (Anl. 3).

Ziel des barrierefreien Bauens ist, einen Lebensraum so zu gestalten, dass sowohl dem Bedarf von Menschen mit Behinderungen, als auch den Realitäten des älter Werdens und den damit verbundenen Funktions- und Fähigkeitseinschränkungen Rechnung getragen wird. Hierbei bieten die Regelungen der DIN 18040 Teil 1 für öffentlich zugängliche Gebäude, bzw. Teil 2 für Wohnungen zusammen mit den gesetzlichen Bestimmungen den nötigen Handlungsrahmen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass bei den Anforderungen außerhalb der Wohnungen von einer Nutzbarkeit mit dem Rollstuhl ausgegangen wird. Innerhalb der Wohnungen gibt es zwei Standards:

  • barrierefrei nutzbar
  • barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar

Die Standards unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich maßlicher Vorgaben. Im Standard „barrierefrei nutzbar“ stellen die Mindestabmessungen für Türen, Bewegungs-und Rangierflächen, auf die Nutzung von Gehhilfen wie Rollatoren ab und genügen eingeschränkt auch für Rollstuhlfahrer. Für die Zusatzanforderung „uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar“ sind größere Maße für Bewegungs- und Rangierflächen, Nutzbarkeit von Bedienelementen und zusätzliche Anforderungen an die Ausstattung der Sanitärräume vorgesehen.

Vor einer weitergehenden Entscheidung sollten die verwendeten Begrifflichkeiten geklärt, und die Auswirkungen in baulicher und finanzieller Hinsicht sowie der tatsächliche Bedarf nochmals geprüft werden.

 

 

Antrag der Unabhängigen Garchinger:

 

  • Stellungnahme zu Antrag 1 + 2:

Ob und inwieweit der Eigentümer besondere Anforderungen an die Realisierung stellt, ist ihm überlassen. Die Stadt Garching kann somit über die Art der Verwendung ihrer Flächen frei entscheiden.

Die Erstellung eines Mehrgenerationen-Hauses auf Flächen, die im Eigentum der Stadt Garching stehen, ist selbstverständlich möglich. Die Verpflichtung eines oder mehrerer Eigentümer zur Durchführung dieser Maßnahme halten wir für problematisch, da bereits nach den vorgesehenen Sozialklauseln Wohnraum für besondere Bevölkerungsgruppen zur Verfügung gestellt werden soll. Zudem besteht die ernstzunehmende Möglichkeit, dass das Projekt nicht entsprechend der tatsächlichen Vorgaben der Stadt hergestellt und insbesondere betrieben wird.

Im Weiteren können die angesprochenen Wohnformen zum Teil auch über den in der Planung der Kommunikationszone enthaltenen Anteil der Sozialquote für genossenschaftliche Wohnformen von 7,5 % umgesetzt werden. Hierzu fand in der Juni-Sitzung des Stadtrates eine Information zum Thema „genoss. Wohnungsbau“ durch einen Fachberater statt.

Nach derzeitigem Stand ist bei einer 7,5 %-Quote für genossenschaftliche Wohnformen mit ca. 11.250 m² GF zu rechnen. Gemäß Antrag soll ein Anteil von 20 % der städtischen GF für solche Projekte bereitgestellt werden:

 

 

GF

Anteil Stadt Komm.zone  19,4 %

ca. 26.040 m²

- EHM-Quote

ca.   3.640 m²

 

ca. 22.400 m²

 

 

davon 20 %

4.480 m²

- Anteil Stadt genoss. Wohnen

ca. 2.182,50 m²

 

ca. 2.297,50 m²

 

D.h. es müssten, wenn dem Antrag gefolgt wird, aus dem frei verfügbaren Kontingent der Stadt Flächen von ca. 2.300 m² zusätzlich für genossenschaftliche, generationsübergreifende Projekte verwendet werden. Auf mögliche finanzielle Auswirkungen durch Mindereinnahmen aufgrund der genannten Verpflichtungen möchte die Verwaltung hinweisen. Andererseits wird die Stadt durch diese freiwillige Erhöhung ihrer sozialen Verantwortung gerecht.

 

  • Stellungnahme Antrag 3:

Es wird auf die obigen Ausführungen zu Antrag 2 der Fraktion Bündnis90/Die Grünen verwiesen, die auch hier gelten. Die pauschale Festsetzung eines Drittels der Fläche zu Zwecken des barrierefreien und behindertengerechten Ausbaus ist nicht zulässig.

 

Fazit:

  • Die Festsetzung der EG-Höhen im Bebauungsplan wäre um die Höhenentwicklung der Gebäude zu regeln möglich, wird aber nicht empfohlen.
  • Eine Barrierefreiheit kann rechtssicher weder im BPl. festgesetzt noch im städtebaulichen Vertrag vereinbart werden.
  • Bei Verwertung der zugeteilten Flächen ist der Eigentümer in seiner Entscheidung des Ausbaustandarts frei.
  • Eine pauschale Festsetzung zur besonderen Beschaffenheit baulicher Anlagen, oder von Flächenanteilen für besondere Wohnformen ist nicht zulässig.

 

Bei der Beschlussfassung der Anträge ist zu unterscheiden zwischen den unmittelbaren Auswirkungen für das Bauleitplanverfahren und einer Beschlussfassung über die Verwendung der im Rahmen der Umlegung zugeteilten Flächen. Das Ergebnis der Umlegung ist zu berücksichtigen, um die Lage der zugeteilten Quartiere bei der Wahl der Wohnkonzepte mit einfließen zu lassen. Es sind n.E.d. Verwaltung weitergehende Beschlüsse zu den gewollten Wohn- und genossenschaftlichen Konzepten, der rechtlichen Umsetzung, dem Bedarf und den finanziellen Auswirkungen für den Haushalt zu erwirken. Aufgrund der vorstehenden Argumente wurde von der Verwaltung zunächst nur ein Empfehlungsbeschluss formuliert.

 

Über die Anträge der Fraktionen wird entsprechend der Auswirkungen getrennt abgestimmt.

 

Reduzieren

II. BESCHLUSS:

 

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuß nimmt den Sachvortrag zur Kenntnis und beschließt dem Stadtrat zu empfehlen:

 

  • Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 07.11.17:
  • Für die Kommunikationszone erfolgt keine Festsetzung von Höhenangaben für den EG-Fußboden.
  • Reglungen im städtebaulichen Vertrag der Kommunikationszone zum barrierefreien Zugang aller Gebäude sind aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen unzulässig.
  • Eine Entscheidung über den barrierefreien Ausbau neuer Wohnanlagen im Eigentum der Stadt Garching ist grundsätzlich möglich, aber nicht Gegenstand der Bauleitplanung. Vor Beschlussfassung hierzu sind weitergehende Prüfungen und Beratungen (z.B. Ausbaustandart, finanzielle Auswirkungen, etc.) notwendig.

 

  • Zum Antrag der Fraktion Unabhängige Garchinger vom 28.06.17:
    • Die pauschale Festsetzung, 1/3 der Wohnfläche barrierefrei und behindertengerecht zu errichten, ist aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage unzulässig.
    • Die Entscheidung, ob für die Kommunikationszone der Anteil genossenschaftlicher und generationsübergreifender Wohnformen aus den der Stadt frei zugeteilten Flächen auf gesamt 20% aufgestockt wird, ist grundsätzlich möglich aber nicht Gegenstand der Bauleitplanung.

Vor der Beschlussfassung sind weitergehende Prüfungen und Beratungen, z.B. gew. Wohnformen, rechtliche Umsetzung, finanzielle Auswirkungen, etc. notwendig.

  • Konzepte für Mehrgenerationenwohnen in der Kommunikationszone sind i.R.d. Sozialquote für genossenschaftliche Wohnformen möglich. Zur Umsetzung sind weitergehende Beratungen und Beschlüsse (z.B. zur rechtlichen Umsetzung, den genossenschaftlichen Zielen, etc.) notwendig.

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...