ANTRAG AUS DER POLITIK ÖFFENTLICH - 2-BV/052/2019
Grunddaten
- Betreff:
-
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur sozialgerechten Bodennutzung, Empfehlungsbeschluss für den Stadtrat.
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- ANTRAG AUS DER POLITIK ÖFFENTLICH
- Geschäftsbereich:
- Bauverwaltung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bau-, Planungs- und Umweltausschuss
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Entscheidung
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04.06.2019
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I. Sachvortrag:
Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht am 27.04.2019 folgender Antrag zur sozialgerechten Bodennutzung ein:
„Der Stadtrat fasst einen Grundsatzbeschluss zu einem kooperativen Baulandmodell zur Beschaffung bezahlbaren Wohnraums mit den im Antrag genannten Verfahrensgrundsätzen für die Bauleitplanung.“
In der Sitzung des Stadtrates vom 23.05.2019 wurde die Verwaltung mit einer rechtlichen Stellungnahme beauftragt und der Antrag zur Vorberatung in den Bauausschuss verwiesen.
Zu den im Antrag angeführten Punkten nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:
Zu I. Allgemeine Grundsätze
Die Verfahrensweise entspricht der Praxis bei den zuletzt durchgeführten Bauleitplanverfahren, z.B. der Kommunikationszone. Regelmäßig werden städtebauliche Verträgen in Verbindung mit der Bauleitplanung geschlossen, worin u.a. die Kosten der Bauleitplanung (d.h. Planungs-, Gutachter- und Rechtsberatungskosten der Stadt) und die Folgelasten (= InFol) von den Planbegünstigten zu tragen sind.
Zu II. Anwendungsvoraussetzungen
Auch eine städtebauliche Entwicklung unterhalb der vorgeschlagenen Mindestgröße von 500 m² GF Wohnen verursacht einen gewissen Umfang an infrastrukturellen Kosten und Lasten. Weiter ist zu berücksichtigen, dass neben der geringen Anzahl geförderter Wohnungen fördermitteltechnische Anforderungen, wie knappe Erschließungsflächen, Grundrissgestaltung, etc. gelten, die bei dieser geringen Anzahl wirtschaftlich nicht vertretbar realisiert werden könnten. Darum sollte zwischen der Anwendbarkeit der Sozialquote und der Erhebung der InFol unterschieden werden.
Zu IV. Verpflichtungen und Planungsbegünstigte
1./2. Die angeführten Regelungen zu Planungs- und Erschließungskosten entsprechen der bisherigen Praxis des Verwaltungshandelns. Bei Erschließungskosten kann die Stadt selbst die Erschließung durchführen und die Kosten gemäß Erschließungsbeitragssatzung abrechnen, oder Ablösevereinbarungen schließen. Alternativ ist eine Übertragung auf einen Erschließungsträger, der mit den Beteiligten abrechnet möglich, eine solche Regelung ist für die Kommunikationszone geplant.
Wenn städtische Grundstücke in das Planungsgebiet eingebracht werden, ist die Stadt i.d.R. auch an der Verteilung der Geschossfläche des künftigen Bebauungsplanes beteiligt. Diese Flächen gehen somit als sog. „Einwurfsflächen“ in die Gesamtmasse mit ein. Eine Kostenerstattung für diese Flächen ist dann nicht vorgesehen. Stellt die Stadt anderweitig Grundstücke zu Verfügung, z.B. für den naturschutzrechtlichen Ausgleich, sind neben Aufwertungs- und Pflegekosten auch die angefallenen Kosten des Grunderwerbs von den Planbegünstigten zu erstatten.
3. Die mit der Planung entstehenden öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen werden regelmäßig im Rahmen des städtebaulichen Vertrags unentgeltlich an die Stadt abgetreten. Die Planbegünstigten sind grundsätzlich zur Bereitstellung von naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen verpflichtet. Sollten diese Ausgleichsflächen ganz oder teilweise von der Stadt, z.B. über das Ökokonto, gestellt, werden die Planbegünstigten zum Kostenersatz für Grunderwerb, Herstellung und Pflege herangezogen.
Bei Gemeinbedarfseinrichtungen ist zu beachten, dass eine kostenfreie Abtretung nur für die Einrichtungen zulässig wäre, die auch ursächlich durch das Plangebiet ausgelöst werden. Da im Konzept der InFol zum Teil auch eine Gesamtbetrachtung der Einwohnerentwicklung angestellt wird, empfiehlt die Verwaltung bei der Abtretung von Gemeinbedarfsflächen den Wert dieser Flächen zu ermitteln und dies gegenüber den abtretenden Eigentümern finanziell auszugleichen.
4. Bei Bauleitplanverfahren werden gem. beschlossenem InFol-Konzept (s. GB II/752/2010) die Folgekosten an die Planbegünstigten in einem 2-stufigen Verfahren weitergegeben. Der InFol-Teilbetrag 1 beinhaltet die ursächlichen Folgelasten (z.B. für Kinderbetreuung, Schulen, Sportstätten, etc.), die durch das Baugebiet ursächlich ausgelöst werden. Im InFol-Teilbetrag 2 werden Kosten für städtische Einrichtungen die dem gesamten Stadtgebiet zugutekommen (z.B. Stadtpark) - anteilig zum Einwohnerzuwachs des Baugebiets an der Gesamtentwicklung gem. Stadtentwicklungskonzept - weitergegeben. Teilbetrag 2 wird auch für studentisches Wohnen angesetzt. In der InFol sind auch die Kosten des Grunderwerbs für Infrastruktureinrichtungen enthalten.
5. Es wird beantragt, eine Gesamtquote von 30 % der entstehenden Geschossfläche für geförderten Wohnungsbau zu verwenden.
⇨ Die Verwaltung weist darauf hin, dass es sich hier nur um den Anteil an zusätzlicher, d.h. neu entstehender Geschossfläche Wohnen, handeln kann.
Aufgrund der Bodenwertsteigerung erscheinen die beantragte Gesamtquote von 30 % und die beantragten Verwendung
• geförderter Mietwohnungsbau (= EOF),
• geförderte Bildung von Eigenwohnraum nach WoFG (= sog. 3. Förderweg),
• und das klassische Einheimischenmodell für Ein-, Zweifamilien oder Reihenhäuser,
aus Sicht der Verwaltung nachvollziehbar.
Es wird aber darauf hingewiesen, dass von einer „starren“ Quote abgesehen werden sollte. In der Kommunikationszone wurde z.B. auch eine Quote für genossenschaftlichen Wohnbau realisiert, auch dies sollte in obige Auswahl aufgenommen werden.
Der in § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB genannte Belang der Schaffung und Erhaltung sozialstabiler Bewohnerstrukturen berücksichtigt, dass in bestimmten städtebaulichen Situationen eine einheitlichere Sozialstruktur der Gewährleistung ausgewogener und konfliktarmer Wohnverhältnisse dienen kann. Das bedeutet, dass die Gemeinden einen Ausgleich zwischen zu einseitigen Bevölkerungsstrukturen und zu gemischten Strukturen finden sollten.
Zunächst muss der Umfang der geforderten Sozialwohnungen dem Grundsatz der Erforderlichkeit entsprechen. Dem Grundsatz der Erforderlichkeit entspricht eine Planung dann nicht, wenn sie prognostisch nicht realisierbar ist. Zur Feststellung der Erforderlichkeit ist daher zu prüfen, dass sowohl ein Bedarf an sozialem Wohnungsbau besteht und, dass auch die entsprechenden Fördermittel zur Realisierung des sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung stehen.
Weiter ist zu prüfen, ob die Vorgehensweise der städtebaulichen Aufgabe aus § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB entspricht. Für jedes zu überplanende Gebiet ist zu prüfen, welche Art von sozialem Wohnungsbau in dem jeweiligen Gebiet städtebaulich sinnvoll ist. Somit kann die Verteilung der Gesamtsozialquote von Gebiet zu Gebiet schwanken.
Nach Festlegung des Anteils an sozialem Wohnungsbau, der vom Planbegünstigten zu tragen ist, ist die vertragliche Regelung noch daraufhin zu überprüfen, ob sie gemäß § 11 Abs. 2 BauGB den Gesamtumständen nach angemessen ist. Die Angemessenheit beurteilt sich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten wobei die Gesamtbelastung des Eigentümers zu beurteilen ist. Sämtliche Lasten, die der Planbegünstigte in Erfüllung des städtebaulichen Vertrags und sonst zur Baurechtserlangung tragen muss, sind zu berücksichtigen. Der Bodenwert nach der Bauleitplanung mit dem Bodenwert vor der Planung zu verglichen. Es ist somit im Gesamtkontext zu berücksichtigen, welche städtebauliche Ausgangssituation (Außenbereich, Innenbereich, ggf. bereits vorhandenes Baurecht) besteht. Dies kann sich ggf. auch auf die Frage, ob eine Sozialquote von 30 % noch als angemessen zu beurteilen ist, auswirken.
Dem Planbegünstigten muss nach Abzug aller Lasten, die er aus der Planung tragen muss, noch eine angemessene Bodenwertsteigerung verbleiben. In der Rechtsprechung besteht keine anerkannte Prozentzahl, anhand derer die Angemessenheit beurteilt wird. Es ist ein Fall bekannt, bei dem die Angemessenheit bei Verbleib einer Bodenwertsteigerung von 30 % verneint wurde. Nach Auffassung der Verwaltung, sollte grundsätzlich sichergestellt sein, dass dem Planungsbegünstigten ein Anteil von mind. 1/3 der Bodenwertsteigerung verbleibt, damit in der Regel die Angemessenheit gewahrt wird.
Auch zu überlegen wäre, dass die Stadt sich die Flächen der Sozialquote, gegen finanziellen Ausgleich und unter entsprechenden Bindungen zur Umsetzung, von den Planbegünstigten übertragen lässt und die Realisation dann selbst vornimmt. Eine solche Regelung ist im städtebaulichen Vertrag eines derzeit anhängigen Bauleitplanverfahrens enthalten.
Anmerkung: Die Verwaltung empfiehlt eine möglichst flexible Regelung zur Verteilung der Gesamtquote, die abhängig von den städtebaulichen Wohnverhältnissen und der Angemessenheit der Gesamtbelastung im Einzelfall zu treffen ist.
6. Die angeführten Regelungen entsprechen der praktizierten Vorgehensweise, wobei in jedem Bauleitplanverfahren eine Gesamtbetrachtung aller Lasten zur Darstellung des verbleibenden Planungsgewinns vorgenommen wird.
Zu dem in Ziff. 6. Abs. 5 enthaltenen Vorschlag, dass von den Planbegünstigten keine über die vorstehenden Lasten der sozialgerechten Bodennutzung und der InFol gefordert werden, ist aus Sicht der Verwaltung anzumerken, dass keine Verknüpfung vorgenommen werden sollte. Die genannten Erschließungsbeiträge, Kanalbaukosten werden aufgrund einer gemeindlichen Satzung (Erschließungsbeitragssatzung) bzw. aufgrund gesetzlicher Regelungen des Kommunalabgabegesetzes (KAG) erhoben. Ein Verzicht hierauf, mit der Begründung dass dies durch Lasten auf Grundlage des Baugesetzbuches ausgeglichen würde, ist rechtlich nicht zulässig.
Fazit: Aus Sicht der Verwaltung wird eine einheitliche Regelung zur sozialgerechten Bodennutzung und der Erhebung Infrastruktureller Folgelasten, unabhängig von der Beschlussfassung über den vorliegenden Antrag, begrüßt. Neben der Gleichbehandlung würde damit Transparenz, Kosten- und Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen.
Die Verwaltung hat auf Grundlage der bisherigen Beschlusslage und des Antrags den Entwurf einer Richtlinie zur Anwendung der sozialgerechten Bodennutzung und der Erhebung infrastruktureller Folgelasten erarbeitet.
Anlagen
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