ALLRIS - Vorlage

BESCHLUSSVORLAGE - 3-BS/035/2020-1-1

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Beratungsfolge

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I. Sachvortrag:

 

In der Stadtratssitzung vom 22.07.2020 wurde dem Stadtrat seitens der Verwaltung und der beratenden S&F-Gruppe ein Verpflegungskonzept für die städtischen Kitas und Schulen vorgestellt.

Im Rahmen der oben genannten Sitzung wurden Anmerkungen und Empfehlungen hinsichtlich DGE-Vorgaben (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), Bio-Anteil und Regionalität in die Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung vom 24.09.2020 eingearbeitet.

Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90 die Grünen vom 24.09.2020 (siehe Anlage) wurde die Verwaltung gebeten, den Tagesordnungspunkt 3 abzusetzen und erneut vergabe- und rechtskonform zu überprüfen.

 

Die Verwaltung nimmt zu folgenden schriftlich und mündlich diskutierten Themen wie folgt Stellung:

Hinweis: Änderungen und Ergänzungen sind in den Foliensatz S&F-Gruppe Verpflegungskonzept (siehe Anlage) eingearbeitet.

 

1)      Rechtliche Einordnung

 

-          Gemäß § 106 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung) Teil 4 "Schwellenwerte" ist die zukünftige Verpflegungsleistung nach VgV europaweit auszuschreiben. Die VgV (Vergabeverordnung) ist anwendbar auf die dem Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff. GWB) unterliegende Vergabe von öffentlichen Aufträgen und bei der Ausrichtung von Wettbewerben durch den öffentlichen Auftraggeber.

 

-          Die auszuschreibenden Leistungen bestehen aus der Verpflegungsleistung und einem Bestell- und Abrechnungssystem. Die Verpflegungsleistung beinhaltet die Produktion, Transport von Speisen und Übergabe an die Auftraggeberin. Die Speisen sind für die Lose in einem warmen/portionierfertigen und oder in einem kalten/regenerierfertigen Zustand zu übergeben. Die Vor-Ort zu leistende Tätigkeiten für die ggf. Regeneration und Ausgabe der Speisen sowie die Reinigungs- und Spülarbeiten erfolgt durch die Auftraggeberin und ist nicht Teil dieser Ausschreibung. Somit entspricht die Verpflegungsleistung einer Lieferleistung nach § 103 Abs. 1 und 2 GWB.

 

-          Die weitere Bereitstellung eines Bestell- und Abrechnungssystem entspricht einer Dienstleistung nach § 103 Abs. 1 GWB.

Gemäß der Auftragsschätzung überwiegt die Verpflegungsleistung wertmäßig dem Bestell- und Abrechnungssystem. Bei gemischten Leistungen (z. B. Liefer- und Dienstleistungen) definiert der Hauptgegenstand die Leistungsart. Somit handelt es sich bei der geplanten Ausschreibung um eine Lieferleistung, wenn der Anteil der zu liefernden Leistung wertmäßig überwiegt.

 

2)      DGE-Vorgaben

 

Das Verpflegungskonzept wurde, soweit vergabe- und rechtskonform an die DGE-Vorgaben angepasst.

 

Vorschlag Verpflegungskonzept alt STR-Sitzung 22.07.2020

Vorschlag Verpflegungskonzept neu STR-Sitzung 24.09.2020 u. 22.10.2020

Gegartes Gemüse, Gemüserohkost oder Salat mind. drei (3) Mal die Woche, Einsatz von Hülsenfrüchten (z. B. Linsen, Bohnen, Kichererbsen etc.)

Mind. fünf (5) Mal wöchentlich Gemüse, Salat oder Hülsenfrüchte (z.B. Linsen, Bohnen, Kichererbsen etc.). Mind. zwei (2) Mal davon Salat oder Gemüserohkost

Mindestens ein (1) Mal wöchentlich frisches, verzehrfertiges Obst als Dessert

Mind. (2) Mal wöchentlich frisches, verzehrfertiges Obst als Dessert

Stärkebeilagen verzehrfertig anzubieten (üblicherweise Kartoffeln, Reis und Nudeln)

Mind. fünf (5) mal die Woche verzehrfertige Stärkebeilagen, davon mind. ein (1) Mal pro Woche als Vollkornprodukt und max. ein (1) mal pro Woche Kartoffelerzeugnisse

Maximal zwei (2) Mal pro Woche frittierte Kartoffelspeisen

Max. ein (1) mal pro Woche panierte und frittierte Produkte

Fisch mindestens einmal wöchentlich

Mind. ein (1) Mal wöchentlich Fisch, davon innerhalb von zwei (2) Wochen ein (1) Mal fettreicher Seefisch

Kein übermäßiges Angebot an Fleisch, Wurst- und Hackfleischwaren

Max. zwei (2) Mal die Woche Fleisch/ Wurst, davon mindestens ein (1) Mal die Woche mageres Muskelfleisch

Milch- und Milchprodukte mind. ein (1) Mal pro Woche

Milch und Milchprodukte mind. zwei (2) Mal pro Woche

 

Einsatz von Jodsalz mit sparsamer Verwendung

 

Verwendung von Fetten und Ölen, die reich an Omega 3 und einfach ungesättigten Fettsäuren sind (z.B. Raps --, Walnuss --, Soja und Olivenöl). Rapsöl wird als Standard Öl genutzt.

 

Sparsame Verwendung von Zucker

 

3)      Bio-Anteil

 

Die DGE-Vorgaben sehen zum Mindestanteil an Bio/ökologischen-Produkten keine expliziten Anforderungen vor.

 

Vorschlag Verpflegungskonzept alt STR-Sitzung 22.07.2020

Vorschlag Verpflegungskonzept neu STR-Sitzung 24.09.2020 u. 22.10.2020

Ein Mindestanteil an Bio-Produkten von 20% wird gefordert. Ein höherer Anteil ist wünschenswert und wird entsprechend in der Angebotswertung begünstigt.

Ein Mindestanteil an Bio Produkten von 20% der für die Leistungserbringung verwendeten Lebensmittel wird gefordert.

Ein angebotener höherer Bio Anteil (20% bis 100%) wird bepunktet. Ein Angebot mit 20% entspricht der Mindestanforderung ohne Zusatzpunkte. Ein Angebot mit 100% erhält die volle Punktzahl. Dazwischen wird interpoliert.

 

Mind. 50% der verwendeten Fleisch- und Fleischprodukte stammen aus biologischer Produktion.

Ein angebotener höherer Bio Anteil (50% bis 100%) wird bepunktet. Ein Angebot mit 50% entspricht der Mindestanforderung ohne Zusatzpunkte. Ein Angebot mit 100% erhält die volle Punktzahl. Dazwischen wird interpoliert.

 

Die Erhöhung des Bio-Anteils beeinflusst die gesamte Preisstruktur der Liefer- und Dienstleistung, auf die Auswirkungen (Essenspauschale) wird im Fazit eingegangen.

 

4)      Gütezeichen als Qualitätsnachweis

 

-          Rechtlicher Rahmen

§ 34 Abs. 1 VGV: Als Beleg dafür, dass eine Liefer- und Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht, kann der öffentliche Auftraggeber die Vorlage von Gütezeichen (…) verlangen.

 

-          Der Nachweis der regionalen Herkunft kann unter Geltung der VgV mit Hilfe von Siegeln erbracht werden.

§34 Abs. 4 VGV: Der öffentliche Auftraggeber muss andere Gütezeichen akzeptieren, die gleichwertige Anforderungen an die Leistung stellen.

 

Vorschlag Verpflegungskonzept alt STR-Sitzung 22.07.2020

Vorschlag Verpflegungskonzept neu STR-Sitzung 24.09.2020 u. 22.10.2020

Der Nachweis von Bio-Produkten muss mit einem Siegel geführt werden (z.B. EU-Bio-Siegel). Zusätzlich oder alternativ sind auch Produkte mit Bio-Siegel nach Demeter, Bioland, Naturland, Alnatura sowie Bio-Eigenmarken wie ReweBio oder Biotrend, möglich.

Der Nachweis von Bio-Produkten muss mit einem Siegel geführt werden (z.B. Bio-Siegel-Bayern). Zusätzlich oder alternativ sind auch Produkte mit EU-Bio-Siegel, Bio-Siegel nach Demeter, Bioland, Naturland, Alnatura sowie Bio-Eigenmarken wie ReweBio oder Biotrend, möglich.

 

Das Gütezeichen "Bio-Siegel-Bayern" ist ein Beispiel für in Bayern erzeugte, verarbeitete und ggf. verpackte Produkte. Dieses Gütezeichen geht als Qualitätsnachweis deutlich über die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung und somit über den gesetzlichen Standard hinaus.

 

5)      Regionalität und regionale Produkte

 

Die politisch geäußerte Intention nach regionaler Qualität ist unter anderem aus ökologischen Beweggründen des Klimaschutzes, der Nachhaltigkeit, der Förderung ortsnaher Betriebsstätten und Produzenten legitim und sozial gewünscht.

Bei den aktuell publizierten Artikeln zum Thema regionale und bio-regionale Produkte in Schulen und Kitas handelt es sich mehrheitlich um Ideenkonzepte und Leitbilder, die im Einzelfall immer einer Prüfung der gesetzlichen Vergaberichtlinien unterliegen. So haben Kantinen die vor Ort kochen, andere Möglichkeiten auf lokale Produkte zuzugreifen, als bei einer klassischen Liefer- und Dienstleistung.

 

Wie oben bereits erwähnt, ist die Verpflegungsleistung nach VgV europaweit auszuschreiben.

 

Grundsätzlich muss jeder Eingriff in den Wettbewerb erweisbar und begründet sein. In dem aktuellen Beschluss vom 01.08.2012 des OLG Düsseldorf finden sich Aussagen, wenn es zur Einhaltung der vergaberechtlichen Grenzen des Bestimmungsrechts von Produktherkunft fordert, dass:

 

- die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist,

- vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist,

- solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind

- und die Bestimmung andere WirtschaftsteilnehmerInnen nicht diskriminiert.

 

Eine regionale Qualität als Kriterium in Ausschreibungsverfahren der Verpflegungsliefer- und Dienstleistung stellt vergaberechtlich einen juristisch anfechtbaren Sachverhalt dar.

Denn grundsätzlich sind alle an einem Vergabeverfahren Teilnehmenden gleich zu behandeln.

Kein Bieter darf aufgrund seiner regionalen Herkunft diskriminiert werden, denn der Wettbewerb darf nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die in bestimmten Regionen oder Orten ansässig sind. Dieses Diskriminierungsverbot bezieht sich auf alle Phasen des Vergabeverfahrens.

 

Exkurs: Begriffliche Abgrenzung, fehlende rechtliche Trennschärfe

 

Sprachlich ist ein regionales Produkt "aus der Region für die Region". Es wird innerhalb einer abgegrenzten Region erzeugt, verarbeitet und vermarktet. Der Begriff "Region" ist allerdings gesetzlich nicht definiert und kann daher unterschiedlich interpretiert und verwendet werden (Was ist die relative geographische Lage: ein Landkreis, ein Bezirk, ein Bundesland?). Eine Definition von "Region" ist somit nicht eindeutig und zweifelsfrei zu treffen und liegt in der individuellen Deutungshoheit.

 

Des Weiteren impliziert ein Kriterium "Regionalität" das Vorhandensein von "regionalen Märkten" aus denen ausschließlich bezogen werden soll. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu dem europäischen Binnenmarkt, der als gemeinsamer Binnenmarkt der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ohne geografische Diskriminierung innerhalb des Binnenmarkts rechtlich wirksam definiert ist.

 

Folgt man dieser Auffassung ergeben sich für die rechtskonforme Leistungsbeschreibung folgende Parameter:

 

Die auszuschreibende Lieferleistung beinhaltet komplexe Vorgaben an Speisenzusammenstellung, Hygieneanforderungen und Ernährungsphysiologie. Eine der Ausschreibung gerechten Leistungserbringung bedarf, nach aktuellen Stand der Technik, eine standortgebundene Produktionsstätte des Auftragnehmers, in der die Verpflegungsleistung verarbeitet und an den jeweiligen Verbrauchsort transportiert wird. Somit stellt eine Herkunftsforderung von Grundprodukten für Wirtschaftsteilnehmer mit einer geringen Entfernung zwischen Herkunftstort und Produktionsstandort des Unternehmens im Wettbewerb besser, als jene mit einer größeren Entfernung. Dies bevorzugt geografische Unterschiede und ist somit als ein direkter Eingriff in dem Wettbewerb zu sehen, welcher gemäß des Vergaberechts nur in Ausnahmefällen und nur mit einer umfangreichen Begründung vorgenommen werden darf.

Das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers ist hierfür nicht ausreichend, um diesem direkten Eingriff in den Wettbewerb zu rechtfertigen. Siehe Vergabekammer München, Beschluss v. 23.08.2017, Z3-3-3194-1-24-05/17

 

Im ausgearbeiteten Verpflegungskonzept wurden folgende Aspekte berücksichtigt (Auszug):

 

Aspekt Innovation und Qualität:

- In Form von ernährungsphysiologischen Anforderungen und Speisenzusammenstellung

- Einbezug von Regenerationssystemen (Cook&Chill, Cook&Freeze)

 

Umweltbezogene Aspekte:

- Forderung nach Bio-Produkten (Seite 26-27),

- saisonalem Obst und Gemüse (Seite 26),

- Sicherstellung von Tierwohl (Seite 29),

- Seefisch mit Ökolabel (Seite 29),

- Verbot von Aluminium (Seite 30),

- Verbot von Einwegverpackungen (Seite 30)

 

Soziale Aspekte:

- Fairer Handel (Seite 29),

- Bevorzugung von Betrieben nach §215 SGB IX

 

Weiter sind etwaige Herkunftsforderungen im Verpflegungskonzept nicht berücksichtigt. Herkunftsforderungen ohne Definition von erweisbaren Produkt- oder Produktionsmerkmalen können für den Konzeptvorschlag nicht zweifelsfrei, transparent und willkürfrei zu den Aspekten der Qualität und der Innovation oder soziale und umweltbezogene Aspekte zugeordnet werden.

 

Produktbezogene Forderungen für Produktions- und Lieferketten wurden im Konzeptvorschlag gemäß den vorgenannten Aspekten berücksichtigt.

Bei der auszuschreibenden Verpflegungsleistung handelt es sich um eine Standardleistung, welche durch eine Vielzahl von Unternehmen am Markt erbracht und durch den Auftraggeber grundsätzlich erschöpfend beschrieben werden kann (keine spezielle und innovative Leistung). Entsprechend fehlt die Rechtfertigung einer Abweichung von der Produktneutralität.

 

Bundesweit operierende Caterer verfügen in der Regel über Standortfilialen in jedem Bundesland (in denen Essen regeneriert wird), somit entsprechen Transportwege und Warmhaltezeiten den gesetzlichen Vorgaben.

 

6)      Co²-Fußabdruck

 

Im Hinblick auf vergabekonforme Möglichkeiten der lokalen Eingrenzung haben Verwaltung und Beratungsfirma dem Aspekt des Co² Fußabdruckes untersucht.

 

Der Punkt Lebenszyklus-Kostenrechnung stellt per se ein vergabekonformes Mittel zur CO²-Reduzierung von Leistungen da. Das Problem ist, dass es aufgrund von praktischen Gründen für Speisen aus gemischten Produkten nur theoretisch angewendet werden kann und eher für Einzelprodukte wie Druckerpapier geeignet ist. Zudem kann die Forderung nach Regionalität dennoch nicht erfüllt werden.

 

Begründung:

 

-          Problematische Umsetzung:

 

Die Erfassung des CO²-Bedarfs für die Verpflegungsleistung stellt eine enorme Herausforderung für die Bieter da. Die mittelgroßen Bieter können zum einen dies i.d.R. nicht vollständig berechnen, da dies nicht zu deren Kompetenzen gehören.

Zum zweiten, sollten sie diese berechnen können, ist der Aufwand dennoch sehr hoch.

Beispiel: Bei einem 4-Wochen-Speiseplan mit zwei Menüs und 4 Tagen je Woche besteht ein Menü aus durchschnittlich 2,5 Komponenten und diese wiederum aus durchschnittlich 5 Zutaten (Erfahrungswerte). Dies entspricht für einen Speiseplan 4x 2x 4x 2,5x 5= ca. 400 Einzelprodukten für die eine CO²-Berechnung durchgeführt werden müsste. Plus der Verarbeitungsmethodik und der Logistik können bis zu 500 Berechnungen notwendig werden. Nicht berücksichtigt ist hierbei, dass es durch saisonale Schwankungen Veränderungen gibt. (z. B. Apfel: dieser kann frisch zur Erntezeit angeboten werden oder als Lagerapfel (Lagerung in Kühlhäuser) in den Wintermonaten)). Zusätzlich ist die Verwendung von vorverarbeiteten Convenience-Produkten aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr trennbar mit der Speisenherstellung für die Schulverpflegung. I.d.R. zeichnen Hersteller von Convenience-Produkten den CO²-Gehalt nicht aus (bis dato keine gesetzliche Verpflichtung). Insgesamt stellt eine vollständige CO²-Berechnung der Verpflegungsleistung einen unverhältnismäßigen Aufwand dar, der von dem Bieter kaum umzusetzen ist.

 

-          Kein Gewinn in Sachen Regionalität:

 

Des Weiteren kann das Ziel "Regionalität" nicht sicher erreicht werden. Der Transport von verarbeiteten Speisen entspricht durchschnittlich nur 5% des gesamten CO²-Gehalts der verzehrfertigen Speisen. Vgl. Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL), Wien. Der weitaus größte Teil entsteht auf den Feldern u. a. durch düngen oder beheizte Gewächshäuser. Somit kann ein nur gering höherer Bio-Anteil eine deutlich längere Transportkette direkt kompensieren.

 

-          Widerspruch für Grundzutaten:

 

Als dritter Punkt wäre das Kriterium selbst ein CO²-Treiber. Da eine Verarbeitung der Produkte vom Bieter eine vom ihm betriebene Küche notwendig macht und dem Caterer keine Vorgaben zu seinem Firmensitz gemacht werden dürfen, würde dies bedeuten, dass er z.B.: Produkte aus der Stadt Garching kaufen, diese zu seiner Küche in z.B.: Nordrhein-Westfalen transportieren müsste, um dann diese wieder in Form von Speisen zurück nach Garching zu transportieren. Somit würde ein doppelter Transportweg für das gleiche Produkt anfallen und die damit verbundene CO²-Bilanz für die Logistik nach oben treiben. Dies würde wieder de facto geografische Unterschiede des Firmenstandortes bevorzugen und die CO²-Bilanz durch die Forderung erhöhen statt zu reduzieren. Hierbei kann nur schwer beurteilt werden, wie dies im Streitfall die Gerichte sehen könnten (pro CO²-Reduzierung oder pro Wettbewerb).

 

Als Fazit kann eine CO²-Berechnung nur durch eine Hilfestellung des Auftraggebers nutzbar in die Ausschreibung aufgenommen werden und auch mit dem ausschließlichen Ziel die CO²-Bilanz als Ganzes zu reduzieren.

 

7)      Risikobeurteilung

 

Gemäß der vorgenannten Stellungnahme kann eine Herkunftsforderung nicht diskriminierungsfrei und ohne Eingriff in dem Wettbewerb in die Ausschreibung aufgenommen werden. Eine nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Begründung einer Herkunftsforderung kann aus Sicht der S&F (begleitende Beratungsfirma) aktuell nicht gegeben werden. Somit kann der Vorwurf von Willkür nicht wiederlegt werden. Die S&F empfiehlt, sollten keine erweisbare Begründung für eine Herkunftsforderung getroffen werden können, diese nicht in die Ausschreibung aufzunehmen.

Sollte dieser Empfehlung nicht gefolgt werden, ist im weiteren das Risiko eines Nachprüfungsverfahren sowie die möglichen Erfolgschancen in einem Nachprüfungsverfahren in Betracht zu ziehen.

 

Gemäß den Marktkenntnissen der S&F und den unverbindlichen Anfragen sowie Interessensbekundungen an die Verwaltung sind WettbewerbsteilnehmerInnen mit Interesse an der geplanten Ausschreibung vorhanden, die nicht in Bayern ansässig sind und somit direkt durch eine Herkunftsforderung diskriminiert werden würden. Diese WettbewerbsteilnehmerInnen sind bekannt, bei bereits geringen Anzeichen einer möglichen Diskriminierung ihres Unternehmens rechtliche Schritte zu ergreifen.

 

Gemäß den oben genannten Gründen und mangels einer eindeutigen und erweisbaren Begründung, die eine Forderung nach einem Herkunftstort rechtfertigen würden, wird aus Sicht der S&F erwartet, das bei einem Rechtstreit die Vergabekammer Süd Bayern sich an dem Beschluss vom 23.08.2017 (Z3-3-3194-1-24-05/17) orientiert und im Sinne der Antragstellerin und gegen den Auftraggeber entscheiden würde.

 

8)      Stellungnahme der städt. Vergabestelle

 

Gemäß §31 Abs. 3 VgV können Merkmale der Leistungsbeschreibung auch soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen und sich auf den Prozess der Erstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Produktlebenszyklus des Auftragsgegenstands beziehen.

In dem Konzeptvorschlag der S&F Gruppe wurden unter anderem nachfolgende Merkmale nach §31 Abs. 3 VgV berücksichtigt: Bio-Produkte, saisonales Obst und Gemüse, Tier Wohl, Verbot von Einwegverpackung, Fairer Handel.

Die Aufnahme von "Regionalität" als Kriterium in der Leistungsbeschreibung ist hingegen vergaberechtlich problematisch. Die Herstellung von Verpflegungsleistungen ist an die Produktionsstätte des Bieters gebunden. Eine Forderung nach "Regionalität" der verwendeten Rohstoffe würde Bieter mit einer geringeren Entfernung der Produktionsstätte zum Ort der Leistungserbringung im Wettbewerb besserstellen, als Bieter mit einer größeren Entfernung. Diese geografische Bevorzugung ist vergaberechtlich als Eingriff in den Wettbewerb zu sehen.

Entsprechend §31 Abs. 6 VgV darf in der der Leistungsbeschreibung nicht auf eine bestimmte Herkunft oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Eine Abweichung davon ist nach §31 Abs. 6 VgV Satz 2 nur ausnahmsweise zulässig und bedarf einer umfangreichen und detaillierten Begründung, die durch Standardliefer- und Dienstleistung nicht gegeben ist. Eine nachvollziehbare, nichtdiskriminierende, objektive und rechtssichere Begründung für die Forderung von "Regionalität" in dem Leistungsverzeichnis kann aus Sicht der Vergabestelle nicht gegeben werden.

Um diesen Eingriff in den Wettbewerb zu rechtfertigen, ist ferner das Leistungsbestimmungsrecht des AG nicht ausreichend. Vergleiche hierzu auch Vergabekammer München, Beschluss vom 23.08.2017, Z3-3-3194-1-24-05/17.

Auch Prof. Dr. Christopher Zeis, Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW postuliert: "Eine regionale Qualität als Kriterium in Ausschreibungsverfahren für Verpflegungsleistungen mit aufzunehmen, ist vergaberechtlich hochgradig problematisch."

Die Anfrage E-001248/2017 an die EU-Kommission mit der Frage, auf welchem Weg die örtliche Nähe bei öffentlichen Ausschreibungen stärker berücksichtigt werden kann, wurde wie folgt beantwortet: Die Vergaberichtlinie der EU verbietet die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zugunsten regionaler Ware nicht, solange der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot vergeben wird und nicht aufgrund des geografischen Ursprungs. Die Nähe der Anbieter kann durch folgendes stärker berücksichtigt werden: Lebenszyklus-Kostenrechnung (mit CO² -Fußabdruck), Gütezeichen oder nichtdiskriminierende Kriterien wie z.B. frische und saisonale Lebensmittel.

 

9)      Zusammenfassung

 

Schlussfolgerung - Auswirkungen auf den Bieterkreis und die Vergabe

 

Es wird ein Mindestanteil an Bio-Produkten von 20 % der für die Leistungserbringung verwendeten Lebensmittel gefordert.

Aus biologischer Produktion müssen nun mind. 50 % der verwendeten Fleisch- und Fleischprodukte stammen.

In der Angebotswertung wird ein höherer Anteil an Bio-Anteil mit entsprechend mehr Punkten berücksichtigt. Wobei 20 % bzw. 50 % die Mindestanforderung darstellen und keine Zusatzpunkte in der Wertung ergeben.

 

Es ist nicht auszuschließen, dass bei einem hohen Bio-Anteil die Beteiligung an der Ausschreibung vor allem für kleine, mittelständische Caterer nicht wirtschaftlich und rentabel genug erscheint und sich der Bieterkreis dezimiert.

 

Erhöht sich der Bioanteil (über die verpflichtende Mindestmenge von 20 % bzw. 50% hinaus), hat der Bieter die Möglichkeit, sich von anderen Anbietern hervorzuheben und eine begünstigte Wertung zu erhalten.

 

Der Nachweis an Bio-Produkten muss mit einem Siegel geführt werden (z.B. Bio-Siegel-Bayern).

 

Schlussfolgerung -  Auswirkungen auf den Auftraggeber/ Erhöhung des Essenspreises

 

Diese (Mehr-) Anforderungen an Bio-Anteil sind mit dem bisher mtl. gezahlten Pauschalbetrag der Eltern für das Mittagessen in Höhe von 70,00 € nicht mehr deckend.

Nach einer internen Berechnung muss die monatliche Essenspauschale - bei der durch den Stadtrat angeregten Mindestforderung an Bio-Anteil - auf 80,00 € mtl. (11 Monate) zum 01.09.2021 erhöht bzw. angepasst werden. Grund dafür ist, dass sich durch den erhöhten Bio-Anteil auch der einzelne Preis pro Essen erhöht. In der Folge ergibt sich eine satzungstechnische Änderung der Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Kitas sowie der Mensagebühren zum 01.09.2021.

Die letztmalige Preisanpassung fand zum 01.09.2019 statt.

Die Anpassung innerhalb von 2 Jahren ist kritisch zu diskutieren, auch während der maximalen Laufzeit von 4 Jahren der Vergabe kann es seitens der Lieferanten zu einer Steigerung der Produktkosten kommen (vertraglich frühestens nach 2 Jahren), die je nach Höhe wieder auf die Elterngebühr umgelegt werden müssten. Die Veränderungen und Schwankungen der marktüblichen Lebensmittelpreise in den kommenden 4 Jahren sind grundsätzlich schwer prognostizierbar.

 

Es ist fraglich, ob sich alle Garchinger Eltern dessen Kinder die Mittagsverpflegung in den städt. Kitas bzw. Schulen (Grundschule West, Grundschule Hochbrück, Max- Mannheimer Mittelschule), eine Erhöhung der mtl. Essenspauschale leisten können.

Prozentual werden von 4 % der Garchinger Elternschaft in den städtischen Kitas und 12 % der Garchinger Elternschaft in den Schulen die Kosten für das Mittagessen durch das Landratsamt übernommen (allerdings nur, wenn bereits soziale Hilfen über das LRA bezogen werden). Die Schulleitungen warnen vor einer zu hohen mtl. monetären Belastung der Eltern. Sie befürchten, dass die Kinder von dem Mittagessen abgemeldet werden könnten.

 

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II. BESCHLUSS:

Der Stadtrat nimmt den Sachvortrag zur Kenntnis.

Der Stadtrat beschließt das vorgelegte Verpflegungskonzept.

Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung mit dem vorliegenden Verpflegungskonzept eine Leistungsbeschreibung zur Vergabe der Kita- und Schulverpflegung für die städtischen Kita-Einrichtungen und die Grundschule Hochbrück sowie für den Schulkomplex West ab dem Schuljahr 2021/2022 zu erstellen, und durchzuführen.

Der Stadtrat ermächtigt den Ersten Bürgermeister zur Vertragsunterzeichnung des jeweils wirtschaftlichsten Angebotes.

 

 

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Anlagen

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