ALLRIS - Vorlage

BESCHLUSSVORLAGE - 3-BS/053/2021

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Beratungsfolge

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I. Sachvortrag:

Die Diakonie Jugendhilfe Oberbayern beantragt für ihre Kindertageseinrichtung, Haus für Kinder Garching, Untere Straßäcker 19 bei der zuständigen Sitzkommune, Stadt Garching b. München eine Zustimmung zur Änderung der geltenden Betriebserlaubnis. Der Träger möchte für seine Einrichtung dauerhaft die Erlaubnis erhalten, bis zu 7 Integrationskinder aufzunehmen. In der Folge verringern sich die maximalen Aufnahmekapazitäten von Regelkindern im Kindergarten- und Krippenbereich.

 

Rechtsgrundlage:

Art. 12 (1) des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsgesetzes (BayKiBiG) postuliert, dass in einer Kindertageseinrichtung Kinder, die von Behinderung bedroht oder betroffen sind, gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern betreut und gefördert werden, um ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Integrative Bildung, Erziehung und Betreuung ist somit die Regel und nicht die Ausnahme und entspricht einem gesellschaftlichen und politischen Auftrag. Zum Wohle des Kindes hat die Aufnahme im Zusammenwirken aller Beteiligten zu erfolgen (Leitung, Team, Kind und Familie, Träger, Fachdienst). Die Gestaltung der bestmöglichen Bildung und Betreuung richtet sich dabei immer nach den vorhandenen Ressourcen (u.a. Personal, Räume, Zeit, Qualität der Erziehungspartnerschaft, grundsätzliche beiderseitige Bereitschaft, sonstige psychosoziale Faktoren). Im Zentrum der Entscheidung stehen immer die spezifischen Bedürfnisse des einzelnen Kindes.
Der Förderanspruch gem. Art 21 BayKiBiG pauschaliert für ein integratives Kind die höchste Förderung für den typischerweise höheren Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsaufwand. Der Gewichtungsfaktor 4,5 (im Vergleich 1,0 für ein Regelkind im Kindergarten) wird gewährt, wenn ein Bescheid seitens Bezirk Obb. nach § 53 SGB XII über den Anspruch auf Eingliederungshilfe vorliegt (bzw. vorab im Antragsverfahren geprüft wird).

 

Ausgangssituation:

Die Einrichtung hat nach dem Einzug in den Neubau (01.04.2019) eine Betriebsgenehmigung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörde, Kreisjugendamt München mit gesamt 74 Plätzen erhalten, die sich aufteilen in:

  • Aufnahme von bis zu 24 Krippenkindern (2 Gruppen)
  • Aufnahme von bis zu 50 Kindergartenkindern (2 Gruppen)
  • nach Bedarf, Aufnahme von max. bis zu 2 Kindern mit Behinderung oder von Behinderung bedrohte Kinder (im Krippenalter belegen diese Kinder jeweils zwei Plätze, im Kindergarten-alter drei Plätze- entsprechend erfolgt eine Platzreduzierung der Gesamtplatzanzahl)

Seit dem Kalenderjahr 2020 hat der Träger - nach vorheriger Absprache mit der Stadt - befristete Anträge auf Erteilung einer Einzelfallgenehmigung gestellt, um bis zu 4 Kinder bedarfsgerecht integrativ zu betreuen.
Es handelt(e) sich dabei um Kinder, die bereits in der Einrichtung in der Krippe oder im Kindergarten angemeldet waren (sind) und sich ein erhöhter, teilweise akuter Förderbedarf zeigt(e). Träger, Einrichtungsleitung und Team verfügen über die notwenigen Fachkenntnisse, einen integrativen Erfahrungshorizont und die personellen Ressourcen (sog. heilpädagogischer Fachdienst), um diese Kinder im Sinne der Teilhabe und Inklusion fachlich optimal am vertrauten Ort zu betreuen. In der Regel sind Kinder aus dem Kindergarten von dem erhöhten Förderbedarf betroffen. Eine Aufnahme von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf geschieht grundsätzlich immer nur nach sorgfältiger Abwägung.


Die Einrichtung hat keinen separaten Therapieraum, andere Räume und alternative Lösungen (u.a. Turnraum, Intensivraum) kompensieren die fehlende Räumlichkeit, um Einzelförderstunden des Fachdienstes zu gewährleisten.
Bei der Leitung, dem Team und dem Träger ist die Bereitschaft sehr hoch, den integrativen Weg verantwortungsvoll zu beschreiten (siehe dazu auch Anlage, Antrag Träger). Das Team wird dieser spezifischen Ausrichtung entsprechend, personell aufgebaut und weitergebildet.
Der Träger erklärt der Stadt gegenüber, dass keine weiteren baulichen Maßnahmen i.S. von Umbau und Anpassung notwendig sind und die nötigen Spiel- und Fördermaterialien im Zuge der Sachausstattung (eigene Haushaltsmittel) beschafft werden.
Kinder, die die Grenzen der professionellen Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter*innen und der Räumlichkeiten überschreiten, werden in Abstimmung mit dem zuständigen Fachbereich Bildung & Soziales der Verwaltung an andere, geeignete Einrichtungen weitervermittelt.

 

Beurteilung der zuständigen Aufsichtsbehörde, Kreisjugendamt München:

Das KJA hat im Rahmen eines Ortstermins die räumliche Situation und die fachlichen Voraussetzungen geprüft, befürwortet eine Umwandlung der Betriebserlaubnis und stellt abschließend eine unbefristete Genehmigung in Aussicht.
Voraussetzung dafür sind:

  • Zustimmung der Sitzkommune unter Beachtung des Entscheidungsspielraumes der Gemeinde bei der Bedarfsanerkennung gem. Art. 7 BayKiBiG
  • Obergrenze von max. 7 gleichzeitig, betreuten integrativen Kindern durch den fehlenden Therapieraum
  • die Aufnahme von gehbeeinträchtigten Kindern (Rollstuhl) ist auf Grund der Räumlichkeiten und deren Ausstattung nicht angezeigt (kein Behinderten WC im 1. Stock)

 

Bei Nichtinanspruchnahme der integrativen Plätze werden automatisch die Kapazitäten bedarfsgerecht mit Regelkindern besetzt.

 

Verwaltungsinterne Beurteilung/ Einordnung im Sinne der Bedarfsentwicklung in der Kommune:

In der Kommune können gemäß vorhandener Betriebsgenehmigungen bis max. 32 Kinder im Vorschulalter integrativ betreut werden. Inkludiert sind dabei auch private und frei gemeinnützige Träger, die eine überörtliche Versorgung anbieten.
Zusätzlich kann die heilpädagogische Tagesstätte in Garching bis zu 18 Kinder aufnehmen (hier jedoch auch überörtliche Aufnahmen).

Im lfd. Betreuungsjahr werden 19 Garchinger Kinder integrativ betreut, die HPT betreut 12 Garchinger Kinder im Kindergartenalter.
Die Anzahl der Anmeldungen für einen integrativen bzw. heilpädagogischen Platz ist in den letzten Jahren im Durchschnitt 1,5- bis 2-fach höher als die verfügbaren Kapazitäten in Garching.
In der Konsequenz verbleibt ein Teil der Kinder bis zur endgültigen Aufnahme im Durchschnitt ein Jahr in der bestehenden, regulären Betreuung (z.B. Tagesmutter, Regelplatz Kindergarten) und wechselt dann erst mit dem 4. bzw. 5. Lebensjahr auf einen freien Förderplatz.
Einige Familien suchen sich (auch auf Anraten des Fachpersonals) spezielle Betreuungseinrichtungen außerhalb von Garching.
 

Die Gründe für eine Nichtaufnahme zum gewünschten Betreuungsbeginn sind unterschiedlich:

  1. keine freien Plätze in der heilpädagogischen Tagesstätte, im städtischen Integrationskindergarten Falkensteinweg, keine Einzelintegration in den geeigneten Regelkindergärten möglich (keine Platzumwandlung machbar)
  2. fehlende personelle Ressourcen (fachlicher Art, zu wenig Personalstunden, geringe Bereitschaft, kein heilpädagogischer Fachdienst verfügbar)
  3. spezifische Ablehnungsgründe, die in der Entwicklung, Erkrankung und Besonderheit des Kindes liegen (z.B. der Art/ Schweregrad der Behinderung, keine Individualbegleitung vorhanden)

 

Die Unterstützung des Antrages der Diakonie macht sowohl aus sozialpädagogischer Sicht (Inklusion und Teilhabe vor Ort, Unterstützung der vorhandenen, gewachsenen Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Fachpersonal) sowie aus Gründen der verstärkten Nachfrage heraus Sinn.

 

Datenlage und Ausblick:

Grundsätzlich gilt: Kommunale Bedarfsplanung und Bedarfsanerkennung gehören gem. Art. 7 BayKiBiG zu den Grundsätzen der Kinder- und Jugendhilfe und zur objektiven Pflicht der Gemeinden. Der Gesetzgeber räumt der Gemeinde einen Einschätzungsspielraum in Bezug auf die unterschiedlichen Bedürfnisse, Art und Ausmaß der Pluralität und der pädagogischen Vielfalt ein. Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit begrenzen die örtliche Bedarfsplanung und widersprechen nicht den allgemeinen Wunsch- und Wahlrecht der Eltern.

 

Die Anzahl der Kinder, die mittel- und langfristig einen erhöhten Unterstützungsbedarf aufweisen, ist immer von einem unbestimmten, prognostischen Element geprägt.
Als Planungsgrundlage dienen die Anmeldedaten für das lfd. und kommende Betreuungsjahr sowie die langjährigen Erfahrungen und Einschätzungen der Expert*innen vor Ort. Demzufolge handelt es sich bei ca. 10- 15% eines Geburtenjahrganges um Kinder, die eine erhöhte Förderung benötigen.

In vielen Fällen besteht kein Anspruch auf Eingliederungshilfe, da Entwicklungsbesonderheiten und Beeinträchtigungen in der KITA sehr gut verbessert und behoben werden können (Bsp. durch die regulären pädagogischen Angebote/ Rückstellung von der Einschulung und Aufnahme im Schulkindergarten/ temporäre, ambulante, therapeutische Unterstützung).

 

Aktuell warten 5 Familien auf einen integrativen Platz und 8 Familien auf einen heilpädagogischen Platz. Langfristig ist mit einer stetig wachsenden Bevölkerung auch von einer zunehmenden Nachfrage nach Förderplätzen auszugehen.

 

Werden die Belegungszahlen mit integrativen Kindern im Haus für Kinder anteilig und vollständig ausgeschöpft, reduzieren sich entsprechend die Aufnahmen von Regelkindern (max. 36 statt 50 Kindergartenplätze).
Für den Planungszeitraum bis zum Betreuungsjahr 2023/2024 sind keine Nachteile zu erwarten und können ggf. durch andere Kindergärten kompensiert werden. Mit einer teilweisen und kompletten Fertigstellung des Baugebietes Kommunikationszone kann es durch den (wahrscheinlichen) Wegfall von Regelplätzen zu einer Unterversorgung im Kindergartenbereich kommen.

 

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II. BESCHLUSS:

Der Haupt- und Finanzausschuss nimmt den Sachvortrag zur Kenntnis. Das Gremium stimmt den Antrag der Diakonie Jugendhilfe Oberbayern für deren Einrichtung, Haus für Kinder Garching zu. Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Garching b. München erkennt den Bedarf gemäß Art. 7 Bayerisches Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz für bis zu 7 integrative Plätze in der genannten Kindertageseinrichtung an.

 

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Anlagen

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