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BESCHLUSSVORLAGE - 2-BV/402/2023

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Beratungsfolge

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I. Sachvortrag:

Sachverhalt:

Das Wohngebiet am Römerhofweg, welches in der Anlage 1 dargestellt ist, wurde in den Jahren 1971 - 1973 als geförderter Wohnungsbau errichtet. Seit der Errichtung der Wohngebäude wurden bis auf ein Gebäude keine wesentlichen Umbauten oder Modernisierungen durchgeführt. Die Sozialbindung des geförderten Wohnungsbaus lief im Jahr 2016 für die letzten Wohngebäude aus. Seitens der Eigentümer wurden bereits in der Vergangenheit der Verwaltung Konzepte vorgelegt, die eine neue Bebauungskonzeption mit Nachverdichtungsmöglichkeiten für die Gebäude vorsieht. Diese sind vom Stadtrat zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der in Planung befindlichen Wohngebiete zurückgestellt worden.

Der Stadtrat hat in der Sitzung am 22.11.2018 die Erhaltungssatzung für den Bereich der Geschosswohnungsbauten am Römerhofweg beschlossen. Die Geltungsdauer für die Erhaltungssatzung beläuft sich auf 5 Jahre. Die Erhaltungssatzung kann um 5 Jahre verlängert werden, wenn die Voraussetzungen, dass eine Verdrängung der vorhandenen schützenwerten Wohnbevölkerung anzunehmen ist, weiterhin vorliegen.

Begründung zur Satzung Erhaltungssatzung "Römerhofweg"

Das Wohngebiet am Römerhofweg liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 23 "Zwischen Römerhofweg und Freisinger Landstraße" der Stadt Garching. Dieser setzt für den Geltungsbereich ein Allgemeines Wohngebiet fest. Das Maß der baulichen Nutzung lässt eine massive Geschossbebauung zu. Die verdichtete Wohnbebauung im Geschosswohnungsbau wurde im Wesentlichen gemäß den maximal zulässigen Maßen der baulichen Nutzung hergestellt. Die Wohnbebauung wurde als geförderter Wohnungsbau errichtet. Die Sozialbindung für die Wohnungen Römerhofweg 39 - 49 ist zum 31.12.2016 ausgelaufen.

Die städtebaulich nachteiligen Folgen einer Verdrängung der vorhandenen Wohnbevölkerung bestimmen sich nach den konkreten Verhältnissen, so dass jede Art von Wohnbevölkerung schutzwürdig ist, soweit deren Zusammensetzung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll (BVerwG 18.6.1997 - 4 C 2.97). Besondere städtebauliche Gründe, die den Erlass einer Satzung nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 rechtfertigen, liegen etwa vor beim Wegfall von stadtnahen preisgünstigem Mietwohnungsbestand in Altbauten, für den preisgünstiger Ersatzwohnraum nicht zur Verfügung steht, sondern an anderer Stelle geschaffen werden müsste, verbunden mit dem Zuzug einkommensstärkerer Bevölkerungskreise, der zu einer Erhöhung eines bislang unterschiedlichen Motorisierungsgrades führt, was Um- und Neubaumaßnahmen ebenso erforderlich macht.

 

 

Ausgangslage:

Allgemeines:

Durch die sehr attraktive U-Bahnanbindung mit ihrer dichten Taktfolge ist Garching als Wohnort sehr attraktiv.  Der Wohnraummangel durch Zuzug bestimmt auch den Garchinger Wohnungsmarkt sowohl im Bereich Kaufen als auch Miete analog zur Landeshauptstadt München. Zum Ausdruck kommt dies auch in den Bodenrichtwerten, die in den letzten Jahren auch in Garching sehr stark angestiegen sind.

 

Der Erlass der Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (sog. Milieuschutzsatzung) bildet für die Stadt Garching eine konsequente Weiterführung ihrer, seit Jahrzenten üblichen Wohnungspolitik. Unabhängig der politischen Mehrheiten im Stadtrat sind in Garching von 1963 bis 2003 Wohnungen im 1. Förderweg gebaut worden.

So beläuft sich die Zahl der geförderten Wohnungen im Stadtgebiet Garching auf insgesamt 607 Wohnungen, davon liegen 186 Wohnungen im Bereich Römerhofweg 19 bis 51 E.

Die Stadt Garching verfolgt das Ziel, ausgewogene Bevölkerungsstrukturen zu erhalten und zu schaffen. Aufgrund der Nähe zur Landeshauptstadt München und des Sitzes der Technischen Universität im Stadtgebiet zeigt sich ein deutlicher Siedlungsdruck, der auf hochpreisiges Wohnen und studentisches Wohnen zielt. Um die durch den Siedlungsdruck befürchteten einseitigen Bevölkerungsstrukturen zu verhindern, wird bei der Realisierung von neuen Wohnbaugebieten eine Quote an geförderten Wohnungen gefordert, die ausgeglichene und durchmischte Bevölkerungsstrukturen schaffen soll. Dabei wendet die Stadt je nach städtebaulicher Lage und Inhalt der Planung unterschiedliche Modelle an, die oft auch als Mix gefordert werden, wie EOF-Wohnungen, genossenschaftliches Wohnen, Einheimischemodelle und Vermietungsmodelle.

Im Baugebiet des Bebauungsplanes Nr. 171 "Kommunikationszone" beläuft sich die SoBon-Quote bspw. auf 25 %, wobei 5 % auf EOF-Wohnen entfällt.

Mit Stadtratsbeschluss vom 28.10.2021 ist die Richtlinie der Stadt Garching zur sozialgerechten Bodennutzung und zur Erhebung der infrastrukturellen Folgelasten beschlossen worden. Seither beträgt die SoBon-Quote 30 % des geschaffenen Baurechts.

Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Nr. 193 "Nachverdichtung Freisinger Landstraße" erfolgt die Umsetzung der SoBon-Quote im Rahmen eines Mietmodells. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 25.07.2023 die Vergaberichtlinien hierzu beschlossen.

Daneben sollen auch Bevölkerungszusammensetzungen im Bestand erhalten werden, wenn eine Verdrängung droht. Insoweit stellt die Prüfung, ob die Erhaltungssatzung verlängert werden kann, einen weiteren Ansatz dar, schützenswertes Klientel vor der Verdrängung zu bewahren.

 

Von den insgesamt 507 Wohnungen sind bei 354 Wohnungen innerhalb der letzten Jahre die Bindungsfrist ausgelaufen, davon 186 im Römerhofweg 19 bis 51 E. Die weiteren aus der Bindungsfrist gefallenen Wohnungen befinden sich in kleineren Wohneinheiten, zwischen 2 - 24 Wohnungen.

Bestand an Sozialmieten und Auslauf der Bindungen - Stichtag 31.02.2016 im Römerhofweg 19 - 51 E

 

 

 Datum der Förderung

Straßen, Nr.

Zahl der geförderten Wohnungen

Whg.-Typ

Bindungsende der nicht eigengenutzten Wohnungen

25.10.1971

merhofweg 39 49

102

1

31.12.2016

30.04.1973

merhofweg 27, 37

84

1

31.12.2016

 

Bevölkerungsstruktur / Familienstand:

Einwohner

Im Römerhofweg 19 - 51 E sind insgesamt 863 Personen gemeldet. Davon haben 501 die deutsche Staatsbürgerschaft und 362 Personen eine andere Staatsangehörigkeit.

 

 

Stand 2023

Stand 2018

Ledig

387 davon 141 Minderjährige

435 davon 178 Minderjährige

Verheiratet

376

390

Verwitwet

37

32

Geschieden

61

57

Unbekannt

2

 

Summe

863

914

 

Damit wohnen Im Jahr 2023 53 Personen weniger in den Gebäuden als 2018.

 

Statistiken:

 

Garching ohne Römerhofweg 19-51 E

merhofweg

Anteil wohnhaft im Römerhofweg

Einwohner

18962

863

4,55 %

Wegzug in eine andere Kommune

2048

10,8 %

59

6,84 %

 

Umzug innerhalb Garchings

492

2,59 %

13

1,51 %

 

Zuzug nach Garching

2084

10,99 %

60

6,95 %

 

Einbürgerungen

69

10

14,49 % wohnhaft im Römerhofweg

 

Die Mieter wohnen zum großen Teil seit sehr vielen Jahren in ihren Wohnungen. Wechsel findet überwiegend altersbedingt statt. Dies wird auch in der abgebildeten Statistik deutlich zum Ausdruck gebracht.

 

 

Aussagen zur Zusammensetzung der derzeitigen Bevölkerungsstruktur

Sozialleistungen

Im Römerhofweg 19 - 51 e gibt es 47 Haushalte / Bedarfsgemeinschaften, die Sozialleistungen wie SGB II (Hartz 4), SGB XII (Sozialhilfe) oder Wohngeld erhalten.

In Garching gibt es insgesamt 477 Haushalte / Bedarfsgemeinschaften, die SGBXII (Hartz 4), Wohngeld oder Leistungen nach SGB VII (Sozialhilfe) beziehen.

Im Römerhofweg 19 - 51 e wohnen somit 9,85 (Wert 2018 12,10 %) der Haushalte, die in Garching Sozialleistungen erhalten. In diesem Bereich wohnen 4,55 % (2023 4,74%) der Gesamtbevölkerung.

Somit wohnt ein signifikanter Anteil der Leistungsbezieher im Römerhofweg 19 - 51 e. Damit zeigt sich, dass die Bevölkerung hinsichtlich einer möglichen Verdrängung relativ sensibel ist.

 

 

Kinderbetreuung Stand 2023

Bei den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen werden bei insgesamt 30 Kindern die Gebühren vom Landratsamt übernommen. 12 Kinder sind wohnhaft im Römerhofweg 19 - 51 E, wovon bei 2 Kinder die Kosten vom Landratsamt übernommen werden.

 

Im Bereich der Mittelschule werden bei insgesamt 21 Kindern die Essenkosten vom Landratsamt übernommen. 7 Kinder sind wohnhaft im Römerhofweg 19 - 51 E, wovon einer eine Kostenübernahme im Jahr 2021 bewilligt bekommen hatte.

 

Beispiele für die Wohnungssituation in Garching

 

Stand 2023

Stand 2018

Dringlichkeitsstufe 1

29 Haushalte

52 Haushalte

Dringlichkeitsstufe 2

12 Haushalte

30 Haushalte

Dringlichkeitsstufe 3

2 Haushalte

10 Haushalte

Allgemeine Wohnberechtigungen

9 Haushalte

13 Haushalte

Altenwohnanlage

2 Haushalte

8 Haushalte

Gestellte Anträge

6 Haushalte

13 Haushalte

 

 

Die Stadt Garching hat im Mühlbach-Quartett 16 Wohnungen zu moderaten Mieten, die unter der Berechnung basierend auf dem qualifizierten Mietspiegel liegen.  Im Mühlfeld-Trio hat die Stadt Garching 32 Wohnungen vergeben, ebenfalls zu moderaten Mieten.

Auf der Warteliste für die Mietwohnungen standen im August 2023 217 Bewerber.

Damit wird sichtbar, dass bezahlbarer Wohnraum für niedrigere Einkommensschichten, auch oberhalb der Berechtigung für eine Sozialwohnung sehr knapp und damit schutzbedürftig ist.

Im Rahmen des Bebauungsplans Nr. 193 "Nachverdichtung Freisinger Landstraße 17, 17a" werden 30 % der Geschossfläche über die Stadt Garching als vergünstigte Mietwohnungen im Garchinger Wohnmodell vergeben. Das Bebauungsplanverfahren soll im Frühjahr 2024 abgeschlossen sein.

 

Zum 1.8.2015 ist die Verordnung der Stadt Garching zur Mietpreisbremse in Kraft getreten.

 

 

Wohnungssanierungen

Im Nachgang zum Ablauf der Sozialbindung sind bei Auszug von Bewohnern die Wohnungen saniert worden (Bad, Böden). Die Sanierung und Neuvermietung der Wohnungen verläuft derzeit zeitlich verzögert.

 

Mietsituation

Zum 01.05.2022 ist der überarbeitete qualifizierten Mietspiegel der Stadt Garching in Kraft getreten, der zunächst anwendbar bis zum 30.04.2024 ist.

Berechnung auf Basis des qualifizierten Mietspiegels:

Wohnungsgröße

Ausstattung

Durchschnittliche ortsübliche Monatsmiete

2023

Durchschnittliche ortsübliche Monatsmiete

2018

90 m²

Überdurchschnittliche Sanitärausstattung, Parkettboden, Einfachfenster

987,39

866,70 €

90 m²

Durchschnittliche Sanitärausstattung, Laminat- oder Teppichboden, Einfachfenster

861,27

833,40 €

In die Berechnung floss der mietmindernde Punkt "überdurchschnittlicher Straßenlärmpegel der Wohngegend" nicht mit ein, da dies nur auf die Wohnungen zutrifft, die unmittelbar an der ST2350 liegen.

 

Das Einwohnermeldeamt berichtet, dass erste Wohnungen als Studenten-WGs vermietet werden. Die durchschnittliche Miete für ein Studentenappartement beläuft sich auf ca. 500 €. Die Grundrisse der 3- und 4 Zimmer-Wohnungen lassen eine Vermietung als WG zu. Somit könnten Studenten-WGs eine Konkurrenz zum familiären Wohnen darstellen, da eine 4-Zimmer-Wohnung für ca. 2.000 € vermietet werden könnte, was weit über der Durchschnittsmiete für familiäres Wohnen liegt. Die zu erzielenden Mieten bei Studenten-WGs sind für Kapitalanleger attraktiv und sicher. Somit könnten die Wohnungen geteilt werden und zu hohen Preisen an Kapitalanleger veräert werden. In der Prognose ist davon auszugehen, dass sich der studentische Wohnungsmarkt in Garching mit der Verlegung der Fakultät für Elektrotechnik weiter verschärfen wird.

 

 

Zusammenfassung/Würdigung

Aufgrund der vorgefundenen Ausgangslage ist davon auszugehen, dass das Gebiet ein deutliches Aufwertungspotential aufweist. Der vorhandene Gebäudebestand, der in den Jahren 1970 bis 1980 entstanden ist, eignet sich für eine energetische und bauliche Sanierung. Zudem kann in der Regel ca. 40 - 45 Jahre nach Erstellung eines Wohngebäudes mit dem Beginn eines Modernisierungszyklus gerechnet werden. Der ausdrücklich geäerte Bauwunsch des Eigentümers sowie die Tatsache, dass nunmehr die Bindungsfrist des geförderten Wohnungsbaus ausgelaufen ist, sind weitere Indikatoren für eine bevorstehende Aufwertung des Gebietes.

 

Auf der anderen Seite zeigt sich aufgrund der Bewohnerstruktur ein deutliches Verdrängungspotential, da innerhalb des Gebietes Bevölkerungsgruppen mit besonderen Empfindlichkeiten angesiedelt sind.  

Die Datengrundlagen zeigen, dass die Bevölkerung in dem Gebiet sozial schwächer steht, als der Durschnitt in Garching. Insbesondere sind überdurchschnittlich viele Bezieher von Sozialleistungen und überdurchschnittlich viele eingebürgerte Bewohner im Gebiet ansässig. Hierbei handelt es sich um auf dem Wohnungsmarkt besonders sensible Bevölkerungsgruppen. Die genannten Bevölkerungsgruppen haben in der Regel größere Probleme, auf dem Wohnungsmarkt adäquaten und bezahlbaren Ersatzwohnraum zu finden, wenn sie verdrängt werden und sind oft weniger mobil als beispielsweise Paare mit doppeltem Haushaltseinkommen. Die Indikatoren lassen Rückschlüsse darauf zu, dass der Anteil verdrängungsgefährdeter Haushalte im Untersuchungsgebiet höher ist, als im Vergleich mit der Gesamtstadt ist. Auch wenn feststellbar ist, dass sich im Vergleich zum Jahr 2018 die Bevölkerungsstrukturen innerhalb des Gebietes verändert haben, da mehr als 50 Menschen weniger in dem Gebiet wohnen, kann doch gleichzeitig festgestellt werden, dass noch immer eine sensible Bevölkerungsgruppe vorherrscht, die durch Modernisierungsmnahmen und Aufteilung und Verkauf von Wohnraum an Kapitalanleger verdrängt werden können.

Einen Hinweis auf das Vorhandensein von gewachsenen und schützenswerten Milieustrukturen und Nachbarschaften geben hier die Indikatoren Wegzug, Umzug und Zuzug an. Die Wanderung in und aus dem Gebiet ist deutlich geringer als die sonstigen Wanderungen innerhalb der Stadt. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass eine hohe Bindung an die Nachbarschaft und Infrastruktur besteht und sich ein gewisses "Milieu" sowie soziale Netzwerke etabliert haben.

Die aufgeführten Tatsachen lassen den Rückschluss zu, dass in diesem Bereich Römerhofweg 19 - 51 E schutzwürdige Mieter wohnen, die durch Modernisierungsmaßnahmen oder durch Bildung von Teileigentum zum Verlassen ihres Gebiets gezwungen werden. Letztlich kann dies den Wegzug aus Garching bedeuten, da Wohnungen zu vergleichbaren Mieten äerst selten angeboten werden und insbesondere die vorhandenen Angebote die sehr hohe Nachfrage bei weitem nicht deckt.

 

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss hat in seiner Sitzung am 17.10.2023 einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss gefasst.

 

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II. BESCHLUSS:

Der Stadtrat beschließt die Verlängerung der Satzung „Zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ gemäß Art. 172 Abs. 1 Satz Nr. 2 BauGB „Erhaltungssatzung Römerhofweg“ bekanntgemacht am 26.11.2018.

 

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Anlagen

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